13.
S. 550 Als nun dieser durch sein Gebet ihm gleichsam den göttlichen Beistand zum Reisegefährten gab, so legte er mit Zuversicht den Weg zurück, ohne einen Begegnenden zu beachten. Abends in der Stadt angelangt und vom Wege ermüdet, hielt er es für nöthig, durch ein Bad sich von der Müdigkeit zu erholen. Es herrschte aber an jenem Orte ein mörderischer Dämon, der sich im Bade aufhielt, dessen verderbende Macht nach eingetretenem Dunkel gegen die Besucher thätig war, und deßhalb war dieses Bad nach Sonnenuntergang unbesucht und unbenützt. Als er bei diesem angelangt war, bat er den Thürhüter, ihn eintreten zu lassen und ihm die Wohlthat des Bades nicht zu mißgönnen. Als dieser ihn nun versicherte, daß von Allen, die um diese Stunde sich in das Wasser gewagt hätten, Keiner mehr mit heiler Haut zurückgekehrt sei, sondern daß nach der Abendstunde Alle der Dämon bewältigt habe, und daß Viele aus Unbedachtsamkeit sich in Unheil gestürzt und statt der gehofften Erleichterung Jammer und Thränen geerntet hätten, so stand, obschon er diese und ähnliche Vorstellungen ihm machte, dieser dessen ungeachtet von seinem Verlangen nicht ab und drang auf alle mögliche Weise heftig in ihn, er möge ihn einlassen. Dieser aber hielt es für gerathen, für die Unbesonnenheit des Fremden nicht zu büßen, übergab ihm den Schlüssel und entfernte sich weit vom Bade.
Als er nun drinnen war und sich entkleidet hatte, setzte der Dämon verschiedene Mittel in Bewegung, um Furcht und Schrecken zu erregen, allerlei Erscheinungen, die in einer Mischung von Feuer und Rauch auftraten, und in Gestalt von Menschen und Thieren sich den Augen darstellten, um die Ohren rauschten, mit ihrem Hauche nahten und rings um den Körper sich ausgoßen. Er aber schützte sich mit dem (Kreuzes-)Zeichen, rief den Namen Christi an und durchschritt unbeschädigt den ersten Theil des Hauses. Als er aber tiefer hineindrang, stieß er auf beschwerlichere Erscheinungen, indem der Dämon sich in eine furchtbarere S. 551 Gestalt umwandelte, und es war ihm, als ob das Haus von einem Erdbeben erschüttert würde, und der geöffnete Boden die unterirdische Flamme unverhüllt zeige, und als ob Feuerfunken aus dem Wasser hervordrängen, und wiederum verscheuchte die gleiche Waffe, das Zeichen, der Name Christi und die Hilfe des Lehrers durch das Gebet die furchtbaren Erscheinungen und Vorgänge. Als er aber bereits vom Wasser erfrischt den Ausgang suchte, wurde er wieder aufgehalten, indem der Dämon die Thüre festhielt. Doch auch dieses Hinderniß hob sich wieder durch die nämliche Macht von selbst, indem die Thüre dem Zeichen nachgab. Als ihm nun Alles nach Wunsch von Statten gegangen war, soll der Dämon mit menschlicher Stimme ihm zugerufen haben, er solle diese Macht nicht sich selbst zuschreiben, durch die er dem Verderben entronnen, denn die Stimme Desjenigen, der ihn dem Beschützer empfohlen, hätte ihn vor Unglück bewahrt. Da er also in der angegebenen Weise gerettet worden war, erregte er die Bewunderung der Ortsbehörde, da noch nie Einer von Denen, welche um diese Stunde sich in’s Wasser gewagt, lebendig zurückgekommen war. Als er dieser seine Erlebnisse erzählt und sich überzeugt hatte, daß die Heldenthaten der Blutzeugen in der Stadt auf diese Weise vollbracht worden seien, wie es ihm der große Mann in der Wüste zuvor gesagt hatte, glaubte er an die über ihn erzählten Wunder wegen Dessen, was er gesehen, gehört, und woraus er durch seine eigene Erfahrung die Macht des Glaubens des großen Mannes kennen gelernt hatte, die auch der Dämon bestätigte, eilte wieder zu seinem Meister zurück und hinterließ seinen Zeitgenossen und der Nachwelt als gemeinsames Schutzmittel, daß Jeder durch die Priester sich bei Gott empfehlen lasse. Auch jetzt noch hört man in der ganzen Kirche und vorzugsweise bei Jenen derlei Rede (von der Kraft des priesterlichen Gebetes) als Erinnerung an den Beistand, der damals dem Manne von Gregor geleistet worden war.
Als aber jene Gewaltherrschaft mit Gottes Hilfe S. 552 bereits gestürzt war, und wieder Friede im menschlichen Leben einkehrte, wo es erlaubt und unverwehrt war, allem Eifer in der Gottesverehrung sich hinzugeben, ging er wieder in die Stadt, und indem er das ganze umliegende Land bereiste, vermehrte er den Eifer im Gottesdienst bei allen Gemeinden, indem er die Festfeier für Die anordnete, welche für den Glauben gekämpft hatten; und indem der Eine dahin, der Andere dorthin die Leiber der Martyrer brachte, versammelten sie sich nach vollendetem Kreislauf des Jahres und freuten sich, indem sie zur Ehre der Martyrer die Festfeier begingen. Denn auch das war ein Beweis seiner großen Weisheit, daß er, da er das ganze Geschlecht seiner Zeit zu einem neuen Leben umgestaltete, wie ein Lenker der Natur, indem er sie fest an die Zügel des Glaubens und der Erkenntniß Gottes fesselte, den Untergebenen das Joch des Glaubens ein wenig erleichterte, um sich in Freudengenuß zu erlustigen. Denn da er einsah, daß wegen der körperlichen Vergnügungen die unerfahrene und unwissende Menge den falschen Götzen anhange, so erlaubte er ihnen, damit bei ihnen zunächst das Wichtigste erreicht würde, daß sie nämlich statt auf eitle Verehrung auf Gott ihren Blick richteten, an der Erinnerung der heiligen Martyrer sich zu erfreuen, sich wohl sein zu lassen1 zu belustigen, weil mit der Zeit einmal das Leben von selbst mehr Ernst und Strenge annehmen würde, indem der Glaube hiezu Anweisung gäbe. Dieß war auch bei den Meisten schon erreicht, indem jedes Vergnügen aus einer leiblichen Annehmlichkeit in eine geistige Art der Ergötzung sich umgewandelt hatte.
Εὐπαθεῖν [Eupathein]. ↩
