4.
Um die Wende des Jahres1 war der König in Karkâ de Lêdân, in Bêt Hûzâjê . Er schickte, man solle den Bischof Barba'schmin und die sechzehn mit S. 102 ihm in ihren Fesseln bringen. Als sie zur Stadt kamen, meldete man sie dem König. Dieser befahl, sie vor ihn zu führen und sprach: „O törichtes und unweises Volk, das ihr freiwillig sterbet. Mit euch ist es aus und vorbei und (doch) reut euch eure Frechheit nicht. Wo sind jene früheren, die getötet wurden, die zum Leben und zur Herrschaft kamen, wie ihr sagt, daß ihr ihnen gleich werdet und sterbet, wie sie starben, aber nicht (wieder) zum Leben kamen, wie sie glaubten? Jetzt höret mich; verachtet nicht meine Befehle und ihr sollt leben. Mit Geschenken und Gaben ehre ich euch alle, und besonders dich, Barba'schmin, erhöhe ich heute, wenn du mich hörst und mit mir die Sonne, den Gott, anbetest.„ Sogleich befahl er, ihm einen goldenen Becher zu bringen, worin tausend halbe Golddrachmen waren und sprach: „Nimm ihn sogleich zur Ehrenerweisung vor den Zuschauern und dann erhebe ich dich zu Rang und Macht.“ Der Selige sprach: „Warum schmeichelst du mir wie ein Kind und handelst verächtlich wie einer, der jung an Jahren ist, und lockst mich mit wertlosem Staub und abfallender Blüte, den unvergänglichen Gott zu verlassen, in dessen Wort dies alles geschaffen ist? Nicht nur lasse ich mir damit nicht schmeicheln, sondern auch wenn du dein ganzes Reich mir geben solltest, würde ich nicht gehorchen, den zu verlassen, den ich wahrhaft besitze.„ Der König sprach: „Verachte nicht und weise nicht zurück diese Gabe, womit ich dich ehre, wenn du leben willst, du und die Deinen. Wenn du frech mit mir streitest, erfülle ich mein Begehren an dir und stille ich mein Verlangen an eurem ganzen hartnäckigen und ungehorsamen Volke.“ Der Heilige sprach: „Soll Gott an jenem Tage, da alle Völker und Nationen zitternd im Gerichte vor ihm stehen, zu mir sagen: O Tor, warum hast du mich mit Gold, das ich König Schâpûr gab, vertauscht und bist um des Nichts willen dem Nichts nachgeirrt? Wisse, König, daß ich vertrauend in meinem Glauben stehe und zu meiner Wahrheit klug meine Zuflucht nehme. Du aber, Bösewicht und Verführer, vollende dein böses Verlangen und zeige deinen mörderischen Sinn im Werke, nicht im Wort.„ Der König sprach: „Bisher habe ich dich als S. 103 einen Weisen in Rat und Tat geehrt. Aber jetzt weiß ich, daß du ein Tor bist und von jenem törichten Volke stammst. Aber ihr werdet unsanft behandelt werden. Ich verordne gegen euch Hartes, und durch Züchtigung will ich euch lehren, wie die Welt gelenkt und die Schöpfung regiert wird.“ Der heilige Barba'schmin antwortete: „Wir sind ein weises und wahrhaftiges Volk; wir geben uns für unseren wahren Gott bereitwillig in den Tod. Wir treten deinen Hochmut nieder durch unseren Wagemut, zur rechten Zeit demütig und zur rechten Zeit hart. In ihm verkünden wir der Welt, daß sie vergänglich ist; in ihm verkünden wir dir, daß du in ihr nicht bleibst. Siehe, du schmeichelst uns, daß wir unser kostbares Leben um deine armseligen Geschenke verkaufen und unseren herrlichen Reichtum um deine nichtigen Gaben verpfänden möchten, die wie deine Götter vergehen.„ Da ergrimmte der König und sprach: „Von heute an schreibe ich meinen Truppen an jeglichem Ort, daß sie das Gedächtnis eines jeden, der diesen Namen trägt, mit dem Schwerte von der Erde vertilgen sollen.“ Barba'schmin antwortete: „Unsere Tapferkeit im Herrn ist im Kampfe für ihn stärker als das Streiten deiner Truppen für dich. Und wenn du glaubst, durch Morden mit uns fertig zu werden, und durch den Tod uns zu verderben, so macht dein Schlachten uns noch fruchtbarer und dein Schwert vermehrt und stärkt uns Geschlecht für Geschlecht. Angesichts der Festigkeit unseres Volkes kannst du nicht bestehen. Zerstöre unser Leben nach deiner Gewohnheit. Entvölkere dein Land von uns, da du gewohnt bist, unser Leben zu verfolgen, damit wir in unser Land aufgenommen werden, das ein Leben gleich dem unserigen liebt. Mühe dich vergeblich, deine mit unserem Blute befleckten Hände zu waschen. Denn sieh, deine Gemordeten, unsere Freunde, sind selig in der Höhe; deine Niedergestreckten, unsere Lieben, frohlocken im Paradiese; die Jünglinge, die du schlugst, die Jungfrauen, die du quältest, freuen sich und sind glücklich im Reiche. Dir aber ist angesichts ihrer Freude und gegenüber all ihrer Ruhe Pein in Ewigkeit bewahrt und Weinen und Zähneknirschen ohne Ende.“
Das persische Neujahr fiel i. J. 346 auf den 27. August (Tabari, Tabelle B). ↩
