3.
Wer also der göttlichen Herrlichkeit teilhaftig werden und wie in einem Spiegel das Bild Christi in seinem obersten Leitprinzip1 (= in seinem Geiste) schauen will, muß mit unersättlicher Liebe und unstillbarem Verlangen und aus ganzer Herzenskraft Tag und Nacht machtvoll2 die Hilfe Gottes suchen. Diese aber S. 205 kann er unmöglich bekommen, wenn er nicht, wie gesagt, zuvor absteht vom Weltgenuß und den Begierden der feindlichen Macht, die dem Lichte abhold ist, Bosheit wirkt, gute Wirksamkeit hindert und durchaus feindselig gesinnt ist. Willst du nun erfahren, warum wir, in Ehre erschaffen und Paradiesesbewohner, zuletzt auf die Stufe der unvernünftigen Tiere herabgesunken, ihnen gleichgeworden sind und die makellose Herrlichkeit verlassen haben, so wisse: Durch den Ungehorsam sind wir Sklaven des begierlichen Fleisches geworden, haben uns selbst vom seligen Lande der Lebendigen ausgeschlossen, sind in Gefangenschaft geraten und „sitzen noch an den Flüssen Babylons“3. Und weil wir noch in Ägypten festgehalten werden, haben wir das Land der Verheißung, „das von Milch und Honig fließt“4, noch nicht als Anteil empfangen. Noch sind wir nicht vermengt mit dem Sauerteig „der Lauterkeit“, sondern wir sind noch „im Sauerteig der Bosheit“5. Noch ist unser Herz nicht besprengt mit dem Blute Gottes. Denn noch steckt die Fangstange der Hölle und der Angelhaken der Bosheit in ihm.
Den Ausdruck τὸ ἡγεμονικόν [to hēgemonikon] = oberstes Leitprinzip gebrauchen heidnische und christliche Schriftsteller. ↩
ἐν δυνάμει [en dynamei] Mark. 9, 1; Röm. 1, 4; Kol. 1, 29; 2 Thess. 1, 11. ↩
Ps. 136, 1 [hebr. Ps. 137, 1]. ↩
Exod. 3, 8. 17; 13, 5; 33, 3; Lev. 20, 24; Num. 13, 28; 14, 8; Deut. 6, 3; 11, 9; 26, 9. 15; 27, 3; 31, 20; Jos. 5, 6; Ekkli. 46, 10 [= Ekklisiastikus = Sirach]; Jer. 11, 5; 33, 22; Bar. 1, 20; Ez. 20, 6. ↩
1 Kor. 5, 8. ↩
