3.
Gleichwohl frage ich sie folgendes: Wenn es für die Beilegung unseres Streites genügen würde, dass wir dieses Eingeständnis machten, warum machen sie selber es nicht? Warum behaupten sie selber einerseits, dass der Tod Christi kein wirklicher, sondern nur ein fiktiver Tod war, wollten aber anderseits seine Geburt nicht einmal als fiktiv, sondern gar als völlig frei erfunden bezeichnen? Wenn sie vom Gewicht der Autorität des Evangeliums so tief beeindruckt waren, dass sie es nicht wagten, Christus nicht wenigstens den Schein des Leidens zuzusprechen, so bezeugt doch dieselbe Autorität des Evangeliums auch seine Geburt. Denn auch wenn bloss zwei Evangelisten unmittelbar von der Niederkunft Marias berichteten (cf. Mt. 1,25; Lk. 2,7), hat es doch keiner der Evangelisten >unerwähnt gelassen, dass Jesus eine Mutter hatte (cf. Mt. 2,11; Mk. 3,32; Lk. 2,33; Joh. 2,1).Waren sie etwa deshalb nicht gewillt, auch die Geburt Christi wenigstens als fiktiv zu bezeichnen, weil Matthaeus und Lukas je verschiedene Stammbäume aufführten (cf. B. 3), woraus der Eindruck entsteht, dass sie sich nicht einig sind? Doch nimm einen Menschen, dem das tiefere Verständnis abgeht: er wird auch bei vielen Dingen, die mit dem Leiden Christi in Zusammenhang stehen, den Eindruck gewinnen, dass die Evangelisten sich nicht einig sind (cf. Cons.ev. 3); nimm dagegen jemanden, der dieses tiefere Verständnis besitzt, und sie stimmen in allem überein. Oder liegt es daran, dass es zwar ehrenwert ist, den Tod vorzutäuschen, unsittlich dagegen, die Geburt auch nur vorzutäuschen (cf. 743,24)? Warum also fordert er uns auf, eben dies einzugestehen, so könne unser Streit als erledigt gelten (cf. 744,3)? Weshalb nun meiner Meinung nach Faustus die Geburt Christi nicht – wie dessen Tod – wenigstens als vorgetäuscht, sondern als völlig frei erfunden erklären wollte, das wird sich im folgenden Streitgespräch klären, wo wir auf eine weitere Frage antworten werden (cf. B. 30)!
