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Augustinus antwortete: Wenn der Apostel sagte (Ti. 1,15): Alles ist rein für die Reinen, wollte er damit die von Gott geschaffenen Dinge in ihrem eigentlichen Wesen verstanden wissen, gemäss dem Wort, das Moses in der Genesis schrieb (gen. 1,31): Und Gott schuf alles, und siehe, es war sehr gut, nicht aber in ihrem Symbolwert, aufgrund dessen Gott durch den selben Moses das Reine vom Unreinen unterschied (cf. Lev. 11). Da wir uns zu dieser Frage bereits ausführlich und an mehreren Stellen ( ) geäussert haben, soll für jetzt dieser kurze Hinweis genügen. Jene Menschen also, die, obwohl mit dem Neuen Testament die Zeit der Offenbarung bereits da ist, immer noch fest überzeugt sind, dass jene Schattenbilder zukünftiger Wirklichkeit (cf. Kol. 2,17) weiterhin in Ehren zu halten sind, sodass sie gar behaupten, die Heiden könnten ohne diese das Heil, das in Christus ist, nicht erlangen, jene Menschen also bezeichnet der Apostel als unrein, weil sie fleischlich dächten, und als ungläubig, weil sie die Zeit der Gnade nicht von der Zeit des Gesetzes unterscheiden könnten. Dass aber diesen nichts rein sei, sagt der Apostel deshalb, weil sie sowohl das, was sie verwarfen, wie auch das, was sie annahmen, respektlos und ungerecht behandelten, wie es zwar alle Ungläubigen tun, im besondern aber ihr Manichäer, denen überhaupt nichts rein ist. Denn nicht einmal die Nahrung, die ihr zu euch nehmt, ist für euch rein, obwohl ihr sorgfältigst darauf achtet, sie mit dem Fleisch so wenig wie möglich in Berührung kommen zu lassen; als ihren Schöpfer bezeichnet ihr ja niemand anders als den Teufel. Und ihr behauptet gar, dass ihr durch die Aufnahme der Nahrung euren Gott, der in ihr gefesselt und verunreinigt ist, ausläutert. Wenn ihr doch wenigstens euch selber als rein ansehen würdet, in deren Bäuchen jener Gott Reinigung finden darf! Doch behauptet ihr ja, dass auch euer Körper die Natur des Volks der Finsternis besitzt und aus dessen Werkstatt hervorgeht, und dass eure Seele durch eben diesen Körper noch und noch verunreinigt wird. Was also ist für euch rein? Nicht das, was ihr einnehmt, nicht das Organ, dem ihr das, was ihr einnehmt, zukommen lässt, nicht ihr selber, die ihr das Eingenommene reinigt! Ihr seht also, wessentwegen der Apostel damals diesen Satz aussprach; er hat ihn aber auf eine Weise formuliert, die alle Ungläubigen und Unreinen treffen, doch euch zuallererst und besonders deutlich überführen sollte. Alles ist also rein für die Reinen (Ti. 1,15) gemäss dem ureigenen Wesen, in dem es geschaffen wurde, doch seinem Symbolwert nach war für das alte Volk der Juden nicht alles rein, und auch für uns ist nicht alles geeignet, sei es im Hinblick auf das Wohl unseres Körpers, sei es im Hinblick auf das Zusammenleben in der menschlichen Gesellschaft. Wenn aber jedes Ding erhält, was ihm gebührt, und wenn es die ihm von seiner Natur her zugewiesene Stellung nicht verlässt, dann ist alles rein für die Reinen; für die Unreinen aber und die Ungläubigen, wie besonders ihr es seid, ist nichts rein. Die restlichen daran anschliessenden Worte des Apostels (Ti. 1,15) solltet ihr euch für euer eigenes Heil einprägen, falls ihr den Willen habt, dass euer gebrandmarktes Gewissen gesund wird. Denn es folgt der Satz: Doch befleckt ist ihr Denken und ihr Gewissen.
