3.
Augustinus: Du glaubst, dass man sich vor den Halbchristen hüten muss und behauptest, dass wir das seien; wir dagegen hüten uns vor den Pseudochristen und zeigen, dass ihr das seid.
Was nämlich nur zur Hälfte da ist, ist zwar in bestimmter Hinsicht unvollständig, doch in keiner Weise verfälscht. Was heisst das für uns?
Wenn beim Glauben jener, die ihr zu umschlingen sucht, etwas noch nicht vorhanden ist, muss man etwa deswegen das niederreissen, was bei ihnen vorhanden ist, und nicht vielmehr das, was noch fehlt, hinzufügen?
So wie es auch der Apostel sagte, als er zu Menschen, die noch unvollkommen waren, sprach (Kol. 2,5): Indem ich mich freue und euren Lebenswandel sehe und das, was eurem Glauben in Christus noch fehlt.
Er sah da natürlich eine Art geistiges Gebäude, so wie er an anderer Stelle sagt (I Kor. 3,9): Ihr seid Gottes Bauwerk. Und in diesem Bauwerk sah er beides: etwas, worüber er sich freute, und etwas, was ihn herausforderte. Er freute sich darüber, was er schon erbaut sah, es forderte ihn heraus, wo er erkannte, dass noch weiter zu bauen war, bis die Spitze der Vollkommenheit erreicht war. In Tat und Wahrheit verfolgt ihr mit eurer Irrlehre also Katholiken, die noch nicht vollkommen, sondern in gewisser Weise, wie du es ausgedrückt hast, Halbchristen sind, um sie zu täuschen und zu verführen. Doch auch wenn einer zu dieser Kategorie gehört und wenn er einmal erkannt hat, dass ihr Pseudochristen seid, versteht er sehr wohl, dass man euch nicht folgen darf sondern aus dem Weg gehen muss, so sehr er – aufgrund dessen, was seinem Glauben noch fehlt– ausserstande ist, auf eure verfänglichen Fragestellungen zu antworten. Wie es also eure Absicht ist, Halbchristen aufzuspüren, um sie irrezuleiten, so ist es unsere Absicht, euch als Pseudochristen zu erweisen, damit nicht nur die fortgeschritteneren Christen euch widerlegen und dadurch entlarven können, sondern auch die weniger fortgeschrittenen Nutzen ziehen, indem sie sich vor euch in Acht nehmen. Doch warum hast du die Schlange als unsern Vater bezeichnet? Hast du etwa vergessen, wie ihr dauernd Gott tadelt, der dem Menschen im Paradies das Gebot gab (cf. Gen. 2,16-17.), und die Schlange lobt, weil sie ihm durch ihren Rat die Augen öffnete (cf. Gen. 3,7)? Ich meine, dass es gerechtfertigt wäre, wenn vielmehr du jene Schlange, den von euch gelobten Verführer, als deinen Erzeuger anerkennen würdest; denn jene anerkennt dich ja als Sohn, auch wenn du sie soeben getadelt hast.
