2.
C. Bringe ein Zeugnis aus dem Neuen Testamente bei, wonach Irrtum, Unwissenheit und Unmöglichkeit, das Gebot zu beobachten, zum Vorwurf gemacht werden!
A. Ich brauche ja nicht vieles anzuführen. Auf eine Stelle will ich hinweisen, welcher du sicher nicht widersprechen kannst. Das Gefäß der Auserwählung sagt deutlich: „Denn ich stimme mit dem Gesetze Gottes überein, dem inneren Menschen nach. Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetze meiner Vernunft widerstreitet und mich zum Sklaven des Gesetzes der Sünde macht, welches in meinen Gliedern ist. Ich elender Mensch! Wer wird mich befreien von dem Leibe dieses Todes? Die Gnade Gottes durch Jesum Christum, unseren Herrn“1.
C. Du hast ein Zeugnis angeführt, welches zu meinen Gunsten spricht. Nachdem wir also einmal durch die Gnade unseres Herrn Jesu Christi von dem Leibe dieses Todes befreit worden sind, sollen wir fernerhin nicht mehr sündigen.
A. Wir sind zwar befreit worden durch die Taufe im Namen des Erlösers; aber dann begründe mir den Zusatz: „Ich sehe ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetze meiner Vernunft widerstreitet und mich zum Sklaven des Gesetzes der Sünde macht, welches in meinen Gliedern ist!“ Was ist das für ein Gesetz, welches in den Gliedern des Menschen herrscht und dem Gesetze seiner Vernunft entgegentritt? Antworte ohne Umstände! — Du schweigst? — Dann höre, mit welcher Offenheit derselbe Apostel verkündet: „Was ich tue, das erkenne ich nicht. Denn ich tue nicht, was ich will, sondern was ich hasse, das S. 406 vollbringe ich. Wofern ich aber das, was ich nicht will, tue, dann stimme ich dem Gesetze bei, daß es gut ist. Nun aber vollbringe ich das Gesetz nicht, sondern die mir innewohnende Sünde. Denn ich weiß, daß in mir, d. h. in meinem Fleische, nichts Gutes wohnt. Das Wollen bringe ich fertig, aber das Vollbringen des Guten finde ich nicht. Denn nicht, was ich will, das Gute, tue ich, sondern was ich nicht will, das Schlechte, das vollbringe ich. Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, dann vollbringe keineswegs ich es, sondern die mir innewohnende Sünde“2.
C. Ich bin erstaunt darüber, daß du als verständiger Mann den Apostel so auffaßt, als ob er für seine Person und nicht von dem Standpunkte eines anderen aus in dieser Weise rede. Er hat doch aus dem Bewußtsein heraus, daß Christus in ihm spricht, freimütig erklärt: „Verlangt ihr eine Bewährung dessen, der in mir redet, Christi?3 Und an anderer Stelle: „Ich habe den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt. Im übrigen ist mir die Krone der Gerechtigkeit hinterlegt“4. Wie konnte er von sich sagen: „Das Vollbringen des Guten finde ich nicht“, und: „Nicht, was ich will, das Gute, wirke ich, sondern was ich nicht will, das Böse, tue ich“? Welcher Art war jenes Gute, das er zu tun willens war, aber nicht fertig brachte? Und welcher Art war jenes Böse, welches er nicht wollte und doch nicht meiden konnte? Folglich spricht er nicht für seine Person, sondern er ist Wortführer des Menschengeschlechtes, welches wegen der Gebrechlichkeit des Fleisches den Lastern unterworfen ist.
