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Vita Pauli
7.
Sed ut ad id redeam unde digressus sum, cum iam centesimo tertio decimo aetatis suae anno beatus Paulus coelestem uitam ageret in terris et nonagenarius in alia solitudine Antonius moraretur, ut ipse adserere solebat, haec in mentem eius cogitatio incidit, nullum ultra se monacharum in eremo consedisse. Atque illi per noctem quiescenti reuelatum est esse alium interius multo se meliorem ad quem uisendum properare deberet. Illico erumpente luce uenerabilis senex infirmos artus baculo regente sustentans coepit ire uelle quo nesciebat.
Et iam media dies coquente desuper sole feruebat, nec tamen a coepto itinere deducebatur dicens: 'Credo Deo meo, quod olim seruum suum, quem mihi promisit, ostendet.'
Nec plura his, conspicatur hominem equo mixtum, cui opinio poetarum Hippocentauro uocabulum indidit. Quo uiso salutaris impressione signi armat frontem et 'heus tu,' inquit, 'quanam in parte Dei seruus hic habitat?'
At ille barbarum nescio quid infrendens et frangens potius uerba quam proloquens, inter horrentia ora satis blandum quaesiuit adloquium. Et cum dexterae manus protensione cupitum indicat iter, ac sic patentes campos uolucri transmittens fuga ex oculis mirantis euanuit. Verum hoc utrum diabolus ad terrendum eum simulauerit, an (ut solet) eremus monstruosorum ferax animalium istam quoque gignat bestiam, incertum habemus.
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Leben des hl. Paulus, des ersten Einsiedlers (BKV)
7.
S. 25Doch zurück zum Thema! Als der hl. Paulus schon hundertdreizehn Jahre lang ein himmlisches Leben auf Erden geführt hatte, hielt sich in einer anderen Einsiedelei der neunzigjährige Antonius auf. Wie er selbst zu sagen pflegte, kam er auf den Gedanken, ein so vollkommener Mönch wie er dürfte sich in der Wüste wohl nicht mehr aufhalten1 . Aber bei Nacht im Schlafe wurde ihm geoffenbart, daß es noch einen anderen gäbe, der viel tugendhafter als er sei; diesen solle er besuchen. Sogleich mit Tagesanbruch machte sich der ehrwürdige Greis, die schwachen Glieder auf seinen Stab gestützt, auf den Weg, ohne ein sicheres Ziel vor Augen zu haben. Schon brannte die heiße Mittagssonne, doch ließ er sich von der einmal unternommenen Reise nicht abbringen. „Ich glaube“, sprach er, „an einen Gott, der mir meinen Mitbruder zeigen wird, wie er es mir versprochen hat.“ Aber weiter kam er nicht; denn er bemerkte ein Wesen, halb Mensch, halb Pferd, welches die Dichtersprache Hippocentaurus nennt. Bei diesem Anblick wappnete er die Stirn mit dem heilbringenden Kreuzzeichen. „Wohlan“, rief er aus, „wo wohnt in dieser Gegend der Diener Gottes?“ Und jener brummte etwas Unverständliches in seinen Bart, wobei er die Worte mehr radebrechte als aussprach; doch suchte er trotz seines von Borsten starrenden Antlitzes nach einer liebenswürdigen Anrede. Mit ausgestreckter Rechten wies er den gewünschten Weg. Dann aber durcheilte er mit der Geschwindigkeit eines Vogels das offene Gelände, um bald den Blicken des überraschten Einsiedlers zu entschwinden. Ich weiß nicht, ob der Teufel ihm dies Trugbild vorgegaukelt hat, um ihn zu erschrecken, oder ob die an sonderbaren S. 26Tiergestalten so reiche Wüste auch derartige Geschöpfe hervorbringt.
Es liegt hier ein kynisches Element vor. Wie der wahre Kyniker umher geht und diejenigen prüft, welche eine hohe Stufe der Weisheit erklommen zu haben glauben, so tut es auch Antonius. Da auch noch andere Mönche wie Sarapion [Hist. Laus. c. 37 ed. Butler] diese Umschau halten, so wird sie wohl bei vollkommenen Mönchen als etwas Selbstverständliches gegolten haben, so daß der Schriftsteller dieso Idee, zur Ausschmückung verwendet. Vgl. Reitzenstein 64 ff.; Schiwietz II, 118. ↩