Siebenter Artikel. Der Glaube geht der Hoffnung vorher.
a) Das Umgekehrte ist der Fall. Denn: I. Zu Ps. 36. (Spera in Domino) fagt die Glosse (Cassiodor) „Die Hoffnung ist der Eintritt zum Glauben, der Beginn des Heiles.“ II. Die Hoffnung steht in der Definition des Glaubens, welcher ja „die Substanz der zu hoffenden Dinge ist.“ Also ist sie früher und mehr bekannt. III. Die Hoffnung geht vorauf dem verdienstvollen Akte, nach 1. Kor. 9.: „Wer pflügt, der soll es thun in der Hoffnung, Früchte zu ernten.“ Der Glaubensakt aber ist verdienstvoll. Also geht die Hoffnung dem Glauben vorauf. Auf der anderen Seite sagt die Glosse zu Matth. 1, 2.: „Der Glaube erzeugt die Hoffnung.“
b) Ich antworte, der Glaube gehe schlechthin und ohne weiteres der Hoffnung voraus. Denn der Gegenstand der Hoffnung ist ein zukünftiges, schwer zu erreichendes Gut, dessen Erreichung jedoch möglich ist. Damit also jemand hoffe, ist erfordert, daß der Gegenstand der Hoffnung ihm als möglich zu erreichen vorgestellt werde. Da nun der Gegenstand der Hoffnung einerseits ist die ewige Seligkeit und andererseits der göttliche Beistand; Beides aber kraft des Glaubens vorgestellt wird, nach der schon oft citierten Stelle Hebr. II, 6., so muß ohne weiteres der Glaube voraufgehen der Hoffnung.
c) I. „Eintritt zum Glauben“ bedeutet zum geglaubten Gegenstande; denn durch die Hoffnung wird eingetreten, um zu schauen, was geglaubt wird. Zudem wird durch die Hoffnung der Glaube ein fester und starker. II. Der eigentliche Gegenstand des Glaubens ist „das, was nicht erscheint.“ Deshalb mußte das umschrieben werden, was durch den Glauben erreicht wird. III. Nicht jeder verdienstvolle Akt setzt die Hoffnung voraus. genügt, daß diese ihn begleite oder ihm folge.
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