Dritter Artikel Eier Privatperson steht es nicht frei, einen Verbrecher zu töten.
a) Dagegen spricht Folgendes: I. Exod. 32. wird im Gesetze geboten: „Ein jeder töte den, der ihm am nächsten steht, mag es der Bruder sein oder ein Freund oder ein Verwandter;“ nämlich weil sie das goldene Kalb gegossen hatten. II. Auf Grund der Sünde ist der Mensch den Tieren ähnlich. Ein wildes Tier aber kann jeder töten, zumal wenn es schädlich ist; also ebenso einen Verbrecher. III. Lobenswert ist es, wenn der Mensch, auch als Privatperson, dem Gemeinbesten dient. Die Tötung von Verbrechern aber nützt dem Gemeinbesten. Auf der anderen Seite fagt Augustin (l. de civ. Dei 26.): „Wer, ohne ein öffentliches Amt zu bekleiden, einen Verbrecher tötet, soll als Mörder betrachtet werden; und zwar desto mehr, weil er sich eine Gewalt angemaßt, die Gott ihm nicht verliehen.“
b) Ich antworte, einen Verbrecher töten sei nur erlaubt, soweit dies Bezug hat auf das Heil des Gemeinwesens. Jener allein hat also die Befugnis dazu, dem die Sorge für das Gemeinwesen anvertraut ist; wie auch der Arzt ein faules Glied am Körper abschneiden kann, wenn ihm die Sorge für den ganzen Körper übertragen worden. Die Sorge für das Gemeinbeste nun ist den Fürsten anvertraut. Also nur ihnen, die da öffentliche Autorität haben, steht es frei, Verbrecher zu töten.
c) I. „Nicht jener tötet, der dem befehlenden in dieser Weise dient, sondern er ist nur ein Werkzeug dessen, der befiehlt, wie das Schwert ein Hilfsmittel ist für den, der es gebraucht“ sagt Augustin. (1. de civ. Dei 21, vgl. Dionysius 12. coel. hier.) Die also auf Befehl des Herrn damals ihre Mitmenschen töteten, thaten dies nicht selbst, d. h. aus eigener Autorität, sondern vielmehr der Herr that dies, der es befohlen; wie der Soldat den Feind tötet auf die Autorität des Fürsten hin und der Henker den Räuber auf Grund der Autorität des Richters. II. Das wilde Tier ist durch die innere Natur getrennt vom Menschen, und deshalb wird kein Urteil erfordert darüber, ob es zu töten sei; das Haustier aber gehört dem Besitzer, so daß da wegen des Schadens seines Besitzers ein Urteil erfordert ist, damit es getötet werden dürfe. Der Verbrecher nun hat die nämliche Natur wie der Gerechte; und somit bedarf es eines öffentlichen Urteils, um zu unterscheiden, ob er um des allgemeinen Besten willen zu töten sei. III. Was zum Gemeinbesten gehört und niemandem schadet, kann jedermann thun. Ist es aber mit einem Schaden für den Nächsten verbunden, darf es nur geschehen kraft des Urteils desjenigen, dem es anvertraut ist zu entscheiden, was den Teilen zu entziehen sei, damit das Ganze heil bleibe.
