Vierter Artikel. Es kann ein Orden gestiftet werden für das Predigen oder Beichthören.
a) Das scheint nicht. Denn: I. 7 Qq. 1. cap. Hoc nequaquam wird gesagt: „Das Leben der Mönche drückt sich im Worte Unterwürfigkeit, Gelehrigkeit aus; ihnen kommt es nicht zu, andere zu lehren und zu leiten.“ Also dürfen Ordensleute nicht lehren und leiten. II. Die besagten Thätigkeiten sind nicht Ordensleuten eigen, sondern Bischöfen. Also dürfen dafür keine Orden gestiftet werden, die nur das angeht, was ihnen eigen ist. III. Unzulässig ist es, die Autorität des Predigens und Beichthörens endlos vielen Personen zu geben. Derer aber, die in die Orden aufgenommen werden, giebt es keine von vornherein bestimmte Zahl. IV. Den Predigern gebührt die Darreichung des Lebensunterhaltes seitens der gläubigen. Würden also die Ordensleute kraft der Stiftung ihres Ordens predigen können, so müßten die gläubigen endlos vielen Personen den Lebensunterhalt darreichen. V. Die Kirche muß sich nach dem Beispiele Christi richten. Christus aber sandte zum Predigen aus zuerst die zwölf Apostel (Luk. 9.) und dann die zweiundsiebzig Jünger. (Luk. 10.) Nun „sind die Bischöfe die Nachfolger der Apostel, die Seelsorgepriester die der zweiundsiebzig Jünger,“ nach Beda. Also bleibt da kein Platz für die Stiftung eines Ordens. Auf der anderen Seite sagt (collat. Patr. 14. cap. 4.) Abt Nestorius: „Manche (Mönche) erwählen sich den Dienst der kranken, andere stehen den armen und bedrückten bei, wieder andere widmen sich der Lehre oder dem Verteilen von Almosen; und in jeder dieser verschiedenen Richtungen gab es sehr große und durch Frömmigkeit hervorragende Männer.“ Also wie zum Dienste der kranken ein Orden gestiftet werden kann, so auch zur Belehrung des Volkes durch die Predigt.
b) Ich antworte, zum Nutzen der Mitmenschen könne ein Orden gestiftet werden. Da ragt nun mehr hervor das geistige Heil der Menschen, wie deren körperliches Wohl; wie ja auch die geistigen Almosen voranstehen den körperlichen. Also ist es im höchsten Grade zulässig, daß Orden gestiftet werden zum Heile der Seelen und somit zum Predigen etc.; zumal auch kein Opfer Gott angenehmer ist wie das des heiligen Eifers für die Seelen (Gregor. hom. 12. in Evgl.) und es höher steht, mit geistigen Waffen gegen die Ketzer und die Versuchungen des Teufels das christliche Volk zu schützen, wie es gegen Feinde seines zeitlichen Wohles zu verteidigen.
c) I. Die Ordensleute predigen nur im Auftrage und also als Werkzeuge der Bischöfe. Das übersteigt aber nicht die Unterwürfigkeit und Gelehrigkeit, die ihnen als Ordensleuten eigen sein soll. II. Wie Orden gestiftet werden für den körperlichen Kriegsdienst und zwar um kraft der Autorität der Fürsten zu kämpfen, denen das kraft ihres Amtes zukommt; so können Orden gestiftet werden für den geistigen Kriegsdienst unter der Autorität der Bischöfe. III. Nicht jeder Ordensmann kann unterschiedslos predigen und beichthören; sondern nach der Wahl und dem Gutdünken der Bischöfe. IV. Das gläubige Volk schuldet nicht den Unterhalt allen Predigern, wie es z. B. den Zehnten seinen rechtmäßigen Vorgesetzten schuldet; und so ist es auch mit anderen kirchlichen Einkünften. Somit kann jemand predigen, weil die Liebe allein ihn drängt, ohne die gläubigen zu beschweren; und diese letzteren können aus reiner Freigebigkeit seine geistigen Dienste mit körperlichen Gaben entgelten; denn nur die Schuld, welche auf der Liebe beruht, kommt hier in Frage. Fänden sich aber keine, welche sich ohne Entgelt dem Predigen unterzögen und die Bischöfe könnten dieses Amt nicht für sich allein ausüben, so müßten sie geeignete Männer suchen und diesen den Lebensunterhalt bieten. V. Den zweiundsiebzig Jüngern folgen alle jene nach, welche im geistigen Dienste den Bischöfen Beistand leisten. Denn der Herr hat jenen Jüngern nicht bestimmte Distrikte wie Parochien zugewiesen, sondern „sie gesandt zwei und zwei vor seinem Antlitze in jede Stadt und in jeden Flecken, wohin Er selbst gehen wollte.“ Wegen der Menge der gläubigen aber und der Schwierigkeit, die es hat, immer die geeigneten Personen zufinden, die den einzelnen Parochien zugewiesen würden, war es zukömmlich, Orden für solch geistigen Dienst zu stiften, die den Bischöfen im Falle des Bedürfnisses zur Verfügung ständen; wie es ja auch notwendig war, Militärorden zu gründen wegen der Schwäche der Fürsten, die den ungläubigen in gewissen Ländern nicht widerstehen konnten.
