Siebenter Artikel. Die Einigung der menschlichen und göttlichen Natur ist etwas Geschaffenes.
a) Diese Einigung ist nichts Geschaffenes. Denn: I. Nichts Geschaffenes kann in Gott sein; weil, was auch immer in Gott ist, Gott selber ist. Diese Einigung aber ist in Gott; denn Gott selber ist mit der menschlichen Natur verbunden. II. Das Ziel oder das Ende ist bei Allem das Hauptsächlichste. Das Ende oder der Abschlußpunkt der Einigung aber ist die göttliche Person. Also muß solche Einigung beurteilt werden gemäß der Beschaffenheit der göttlichen Person, die nichts Geschaffenes ist. Also ist auch diese Einigung selber nichts Geschaffenes. III. „Um dessentwillen etwas ist, das ist dies in höherem Grade;“ heißt es I. Post. Wegen der Einigung aber wird ein Mensch als Schöpfer bezeichnet. Also ist diese Einigung, um derentwillen er Schöpfer genannt wird, desto weniger etwas Geschaffenes. Auf der anderen Seite ist Alles, was in der Zeit beginnt, etwas Geschaffenes. Diese Einigung aber ist nicht von Ewigkeit. Also ist sie etwas Geschaffenes.
b) Ich antworte, die fragliche Einigung ist eine Relation, nämlich eine Beziehung zwischen der göttlichen und menschlichen Natur; insoweit beide sich treffen in der einen einigen Person des Sohnes Gottes. Nun ist (I. Kap. 13, Art. 7.) jede Beziehung, welche zwischen der Kreatur und Gott besteht, dem thatsächlichen Sein zwar nach in der Kreatur, durch deren Veränderung solche Beziehung entsteht. In Gott aber ist sie nicht dem thatsächlichen Sein, sondern nur der auffassenden Vernunft nach; denn sie entsteht nicht durch eine Veränderung in Gott. So verhält es sich also auch mit dieser Beziehung. Sie ist dem thatsächlichen Sein nach in der menschlichen Natur, die erhoben wird; nur der auffassenden Vernunft nach ist sie in Gott. Und somit ist sie etwas Geschaffenes.
c) I. Diese Einigung findet sich in Gott nur der auffassenden Vernunft nach; nicht ist sie ein neues, ihm zuwachsendes thatsächliches Sein. Denn von Gott wird ausgesagt, Er sei vereinigt mit der Kreatur deshalb, weil die Kreatur dem tatsächlichen Sein nach dazu geeignet gemacht worden ist; nicht weil Er, Gott selber, eine Veränderung erlitten hätte. II. Der innere Wesenscharakter der Beziehung oder Relation, sowie auch der Bewegung, hängt ab vom Ziel oder vom Abschlüsse; ihr thatsächliches Sein aber hängt ab von dem Subjekte, durch welches sie getragen wird. Weil solche Einigung also thatsächliches Sein nur hat in der geschaffenen Natur, so ist sie etwas Geschaffenes. III. Der Mensch ist Schöpfer und Gott genannt wegen der Einigung, insoweit diese ihren Abschluß hat in der göttlichen Person. Daraus folgt aber nicht, daß diese Einigung selber Schöpfer oder Gott sei; denn daß etwas als geschaffen bezeichnet wird, das geschieht mehr mit Rücksicht auf das Sein wie auf die Auffassung der Vernunft.
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