Zwölfter Artikel. Die Gnade der Einigung war für den Menschen Christus natürlich,
a) Dem steht entgegen: I. Die Menschwerdung ist bedingt durch die Einigung in der Person, nicht in der Natur. Jegliches aber wird benannt vom Abschlußpunkte aus. Also muß man vielmehr sagen, diese Einigung sei eine persönliche als, sie sei eine natürliche. II. Die Gnade steht der Natur gegenüber; denn die Gnade kommt vom freien Willen Gottes, das Natürliche vom notwendigen inneren Princip. Also kann nicht das Eine vom Anderen her benannt werden. III. Natürlich wird genannt, was gemäß der Natur ist. Die Gnade der Einigung aber ist nicht gemäß der göttlichen Natur, sonst käme sie allen drei Personen zu; sie ist nicht gemäß der menschlichen Natur, sonst käme sie allen Menschen zu. Also. Auf der anderen Seite sagt Augustin (Ench. 40.): „Im Annehmen der menschlichen Natur wird gewissermaßen die Gnade selbst jenem Menschen natürlich, kraft deren Er keine Sünde begehen kann.“
b) Ich antworte, „Natur“ werde nach 5 Metaph. genannt 1. die Geburt oder das Entstehen selber; 2. das innere Wesen eines Dinges. So ist also in der einen Weise natürlich nur das, was aus den innerlichen wesentlichen Principien eines Dinges folgt; wie es dem Feuer natürlich ist, nach oben zu streben. In der anderen Weise ist natürlich das, was ein Mensch von seiner Geburt an hat, nach Ephes. 2.: „Wir waren von Natur Kinder des Zornes;“ und Sap. 12.: „Verrucht ist die Nation derselben und natürlich ihre Bosheit.“ In der ersten Weise also ist die Gnade der Einigung in Christo nicht natürlich, als ob sie nämlich verursacht wäre aus den inneren Wesensprincipien der menschlichen Natur; obgleich sie als natürlich auch so bezeichnet werden könnte, weil sie von der göttlichen Natur her in Christo in die menschliche sich ableitet. Sowohl die heiligmachende Gnade aber wie die der Einigung ist in Christo natürlich im zweiten Sinne, insofern Er beide von Geburt an hatte; denn vom Beginne der Empfängnis an war die menschliche Natur mit der göttlichen vereinigt und die Seele mit der Gabe der Gnade angefüllt.
c) I. Die Einigung ist immerhin verursacht von der Kraft der göttlichen Natur, die da wahrhaft die Natur Christi ist; und ebenso kommt sie Christo zu vom Beginne der Empfängnis an. II. Nicht unter dem nämlichen Gesichtspunkte wird hier von Gnade und vom „Natürlichen“ gesprochen. Gnade wird hier gesagt, insofern kein Verdienst vorausgeht; „natürlich,“ insoweit sie von der göttlichen Natur her in Christo verursacht ist in der Menschheit Christi von seiner Geburt an. III. Die Gnade der Einigung ist nicht natürlich, als ob sie von den inneren Principien der menschlichen Natur verursacht wäre; und also kommt sie nicht allen Menschen zu. Sie ist aber natürlich gemäß der menschlichen Natur wegen der Eigentümlichkeit der Geburt Christi, der so empfangen worden ist vom heiligen Geiste, daß der nämliche sei: natürlicher Sohn Gottes und eines Menschen. Und gemäß der göttlichen Natur ist sie natürlich, weil diese das wirksame Princip solcher Gnade ist; und dies kommt der ganzen Dreieinigkeit zu, nämlich das wirkende Princip dieser Gnade zu sein.
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