Siebenter Artikel. Das Sakrament der Firmung verleiht heiligmachende Gnade.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Die heiligmachende Gnade steht gegenüber der Schuld. Die Firmung aber wird den getauften gespendet, die von Schuld rein sind. II. Die Sünder bedürfen am allermeisten der Gnade, wodurch sie gerechtfertigt werden. Also müßte im genannten Falle die Firmung denen gespendet werden, die im Stande der Sünde sind; was nicht der Fall ist. III. Die heiligmachende Gnade ist bereits durch die Taufe gegeben worden. Es giebt aber keine zwei verschiedenen Gattungen heiligmachender Gnade. Was also bereits da ist, das kann die Firmung nicht geben. Auf der anderen Seite sagt Papst Melchiades (l. c.): »Die Firmung giebt das Wachsen in der Gnade.“
b) Ich antworte, dem getauften werde in diesem Sakramente der heilige Geist gegeben zur geistigen Kräftigung; wie dies von den Aposteln Act. 2. gelesen wird und Act. 8. von denen, welchen nach der Taufe von den Aposteln die Hände aufgelegt worden sind. Nun ist I. Kap. 43, Art. 3. gezeigt worden, daß die Sendung oder das Geben des heiligen Geistes nicht sein kann ohne die heiligmachende Gnade. Also offenbar wird in der Firmung die heiligmachende Gnade verliehen.
c) I. Die erste Wirkung der heiligmachenden Gnade ist der Nachlaß der Sünden. Unter den anderen Wirkungen aber ist auch die, daß sie genügt, um den Menschen durch alle Grade des christlichen Lebens hindurch zu entwickeln bis zum Besitze des ewigen Lebens, nach Röm. 6.: „Die Gnade Gottes ist das ewige Leben.“ Deshalb wird dem heiligen Paulus gesagt (2. Kor. 12.): „Es genüge Dir meine Gnade;“ und 1. Kor. 15. heißt es: „Durch die Gnade Gottes bin ich das was ich bin.“ Also wird die heiligmachende Gnade auch gegeben, um fest zu werden und stark, um zu wachsen in der Gerechtigkeit. Und danach fließt sie aus der Firmung. II. Aus dem Namen geht bereits hervor, daß dieses Sakrament festigt das, was es bereits vorfindet; und deshalb darf es nur denen gegeben werden, die schon im Stande der Gnade sind. Wie es somit nicht den ungetauften gegeben wird, so nicht den erwachsenen, die im Stande der Sünde sich befinden; wenn sie nicht vorher durch Buße wieder geheilt worden sind. Deshalb heißt es im concil. .Aurelianense (c. 6. de consecr. dist. 5.): „Sie sollen nüchtern zu diesem Sakramente hinzutreten; vorher sollen sie beichten, damit sie rein die Gaben des heiligen Geistes empfangen.“ Und dann wird durch dieses Sakrament der im Sakramente der Buße erhaltene Nachlaß der Sünden ein mehr vollendeter, wie auch die Wirkung der Taufe durch die Firmung vollendet wird. So erlangt in diesem Sakramente der erwachsene, der da in Sünden ist, wenn er nur ohne Verstellung herantritt, den Nachlaß der Sünden, die er nicht in seinem Gewissen erkannt oder nicht hinlänglich bereut hat. III. Jedes Sakrament fügt zur gemeinhin so genannten heiligmachenden Gnade hinzu die sakramentale Gnade, welche eine besondere Wirkung zum Zwecke hat, wegen deren das Sakrament eingesetzt ist. Wird also bei diesem Sakramente Rücksicht genommen auf die gemeinhin so genannte heiligmachende Gnade, so verleiht die Firmung keine andere Gnade, wie die Taufe; sondern vermehrt die bereits bestehende. Wird aber jene besondere Wirkung berücksichtigt, so ist die von der Firmung gegebene Gnade eine andere wie die in der Taufe.
