Elfter Artikel. Der Bischof allein kann dieses Sakrament spenden.
a) Dem steht Folgendes entgegen: I. Gregor der Große schreibt dem Bischofe Januarius: „Es kam zu unseren Ohren, einige hätten daran Anstoß genommen, daß wir den einfachen Priestern verboten haben, jene mit Chrisam zu salben, die bereits getauft sind. Wir haben dies gethan gemäß dem alten Brauche der Kirche. Sollten aber daraus Ungelegenheiten entstehen; so gestatten wir, daß da, wo Bischöfe mangeln, Priester mit Chrisam die Stirne salben dürfen.“ Also ist es nicht notwendig, daß ein Bischof die Firmung spendet. II. Das Sakrament der Taufe ist wirksamer wie das der Firmung; denn es läßt Schuld und Strafe ganz und gar nach, was bei der Firmung nicht der Fall ist. Die Taufe aber kann von einem einfachen Priester gespendet werden und selbst von einem Laien im Notfalle. Also ist zur Firmung kein Bischof notwendig. III. Der Scheitel, wo nach den Ärzten das Organ der besonderen Vernunft, der ratio partieularis oder Denkkraft, ihren Sitz hat, steht an Würde voran der Stirne, wo der Sitz der Einbildungskraft ist. Der einfache Priester aber kann den Scheitel salben; also um so mehr die Stirne. Auf der anderen Seite sagt Papst Eusebius (ep. 3.): „Das Sakrament der Händeauflegung soll man in hohen Ehren halten; denn nur von den höchsten Priestern kann es gespendet werden. Und zur Zeit der Apostel ist es, wie man liest, nicht von anderen als den Aposteln gespendet worden, so daß es auch jetzt von niemand anderem gespendet werden darf als von denen, welche die Stelle der Apostel einnehmen. Wird es von anderen thatsächlich aus Vermessenheit gespendet, so ist es leer und inhaltslos und darf nicht unter die Sakramente der Kirche gerechnet werden.“
b) Ich antworte; bei jedem Werke gebühre die letzte Vollendung desselben dem Einwirken der an der Spitze stehenden Kunst oder Kraft; wie ja immer der Stoff von den niederen vorbereitet, der höhere Meister aber die letzte Form giebt. Die gläubigen Christi nun sind gewissermaßen ein Werk Gottes, nach 1. Kor. 3.: „Ihr seid Gottes Bau;“ und 2. Kor. 3. werden sie als „ein Brief bezeichnet, den Gottes Geist geschrieben.“ Es ist dieses Sakrament der Firmung aber die letzte Vollendung des Sakramentes der Taufe. Denn durch das Sakrament der Taufe wird der Mensch auferbaut zu einem geistigen Hause und beschrieben wie ein geistiger Brief. Durch das Sakrament der Firmung aber wird dieses geistige Haus gleichsam geweiht zu einem Tempel des heiligen Geistes und der Brief gesiegelt mit dem Siegel des Kreuzes. Deshalb also ist die Spendung dieses Sakramentes vorbehalten den Bischöfen als denen, welche die höchste Macht haben in der Kirche; wie ja auch nach Act. 8. durch das Händeauflegen der Apostel, deren Stelle die Bischöfe einnehmen, in der Erstlingskirche die Fülle des heiligen Geistes gegeben wurde. Deshalb bestimmt Urban I. (ad oomnes fideles): „Alle gläubigen müssen durch die Händeauflegung der Bischöfe nach der Taufe den heiligen Geist empfangen, damit sie vollendete Christen seien.“
c) I. Der Papst hat in der Kirche die Fülle der Gewalt. Er kann kraft deren also niedrigergestellten Manches überlassen, was dem Amte der höhergestellten eigentlich entspricht; wie er manchen Priestern es überlassen hat, die niederen Weihen zu geben, obgleich dies eigentlich die Bischöfe angeht. Und kraft dieser Fülle der Gewalt hat Gregor der Große es im genannten Falle einfachen Priestern überlassen, bis das Ärgernis gehoben sein würde, die Firmung zu erteilen. II. Die Taufe ist wirksamer mit Rücksicht auf die Entfernung des Übels; denn sie ist ein geistiges Zeugen, was immer vom Nichtsein ausgeht. Die Firmung ist wirksamer für den Fortschritt im Guten; denn ein solcher Fortschritt geht vom unvollkommenen Sein aus und hat zum Zwecke das vollkommene. Deshalb ist die Spendung dieses Sakramentes einem höheren anvertraut. III. Nach Rhabanus (1. c.) „zeichnet der Priester den getauften mit Chrisam auf dem Scheitel, der Bischof auf der Stirne. Durch die erstereSalbung wird ausgedrückt, der heilige Geist steige hinab in das Herz des Täuflings, um da zu wohnen und diese Wohnung Gott dem Herrn zu heiligen. Durch die zweite Salbung wird erklärt, die siebengestaltete Gnade des heiligen Geistes komme in den Menschen mit aller Fülle der Heiligkeit, der Wissenschaft und der Tugend.“ Nicht also weil ein Teil des Körpers etwa vorzüglicher wäre wie der andere, wird die letztere Salbung den Bischöfen vorbehalten; sondern auf Grund der vorzüglicheren Wirkung.
