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Indem er aber im wahren Besitze der Weisheit sich Frömmigkeit erwarb nach dem Worte des Job: „Sieh, Frömmigkeit ist Weisheit,“1 erhob er sich wie wir kurz vorhin gezeigt haben, als wir die Reinheit seines Glaubens beschrieben, durch dieselbe wie Paulus in den dritten Himmel,2 und hat in der Kirche den Schatz eines unsterblichen Gedächtnisses und fortwährenden Ruhmes sich hinterlegt. Das Studium der göttlichen Schriften entzündete er an der Fackel Davids, welcher sagt: „In meiner Betrachtung wird das Feuer sich anzünden.“3 Denn es bewegte ihn die Liebe zu geistiger Betrachtung und fachte die Sehnsucht nach dem Überirdischen zur Flamme an. Denn indem er die ganze alte und neue Schrift durchforschte und diesen Betrachtungen wie kein Zweiter sich mit Liebe hingab, gab er von jedem Ausdruck eine genaue Erklärung, angefangen von der Schöpfungsgeschichte bis zum letzten Buch der Gnade, indem er sich des Geistes als Fackel bediente und die Tiefen der verborgenen Wissenschaften an’s Licht brachte.
Er hat aber nicht allein den ganzen geistigen Becher dieser unserer von Gott eingegebener Weisheit ausgetrunken und davon den Übrigen mitgetheilt, sondern er übte auch in hohem Grade die äussere weltliche Weisheit sowohl in S. 472 Bezug auf die zierliche und richtige Ausdrucksweise, als auch auf die Tiefe der Gedanken, eignete sich das Brauchbare an und verwarf das Unbrauchbare, wobei er nach der Wage der Gerechtigkeit That und Betrachtung sich verschaffte.
Die Reinheit der Seele und des Leibes pflegte er in einem Grade, als es die Natur ertrug, oder vielmehr, der über die Natur erhaben war, denn sie ist ein Geschenk der Gnade. Denn er gestattete der Seele nicht, von dem richtigen Verhältniß abzuirren, sondern er führte in der That durch die Seele die Herrschaft und strahlte am Körper herrlichen Glanz aus. Zeugniß für unsere Behauptung ist die Bekehrung jener bekannten Buhlerin. Dieser bediente sich als einer Lockspeise des Lasters der Menschenmörder Belial zur Überlistung des erleuchteten Mannes. Er täuschte sich aber so sehr in seiner Erwartung, daß die unzüchtige Person selbst gegen eben jenen Bösen sich kehrte, der sie angestiftet hatte, und durch Ermahnungen und Zurechtweisungen und den Zauber göttlicher Reden bekehrt und zum Bessern umgewandelt, keusch statt unzüchtig, sittsam statt ausgelassen, rein aus einer Befleckten wurde.
