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Werke Ephräm der Syrer (306-373) Das Leben des heiligen Ephraem des Syrers (Vita) Das Leben des heiligen Ephraem des Syrers (Vita) (BKV)
Version 1

8.

Man erzählt vom heiligen Ephraem noch Folgendes, was er auch selbst in seinem Testament berichtet:1 Als er noch klein war und im Schosse seiner Mutter lag, da war es, als wüchse ein Weinstock auf seiner Zunge, und er ging empor und kam bis an den Himmel und Tausende von Trauben und Tausende und aber Tausende von Beeren waren an ihm. Diese Trauben waren seine Reden und die Beeren seine Hymnen.2 Gepriesen sei der Heilige, dass er empfing die Gabe zu reden nach seinem Willen, gepriesen sei er um des Gesichtes willen, welches sah der h. Greis, und um des Buches willen, welches der Engel ihm brachte, ohne dass der Greis bis zu der Stunde wusste, dass Ephraem der Auserwählte Gottes sei.

Eines Tages trat der heilige Greis, (welcher Ephraem auf den Berg geführt hatte), aus seiner Celle und wollte den heiligen Ephraem besuchen; der hatte sich aber eingeschlossen in seiner Celle. Und es traf ihn der Greis, wie er eben eine Erklärung zu dem Gesetzesbuche Mose schrieb. - S. 13 Er hatte die Erklärung des ersten Buches 3 vollendet und begann so eben das zweite Buch. - Da erstaunte der Greis über die Fülle der göttlichen Gnade und über die Weisheit seines Verstandes, die Gott ihm gegeben hatte. Jetzt gewann er die feste Ueberzeugung von der Wahrheit jenes göttlichen Gesichtes, das ihm erschienen war. Er nahm die Erklärung, welche der Heilige selbst geschrieben hatte, trug sie in die Stadt und zeigte sie hier Lehrern und Schülern, den Vorstehern in der Stadt und der ganzen Geistlichkeit. Die verwunderten sich Alle und erstaunten über die Gelehrsamkeit und Weisheit, die der Heilige in der Erklärung des Buches bewies. Sie glaubten aber, der Greis habe das Buch geschrieben. Der aber sprach: "Ich habe das Buch nicht geschrieben oder erklärt, aber ich will euch kundthun, wer es geschrieben hat. Es ist der Mönch Ephraem," und er erzählte ihnen, um ihren Glauben noch zu befestigen, die Erscheinung, die er gehabt. Da stiegen die Bewohner der Stadt hinauf zu der Celle des Guten. Als Ephraem aber ihre Ankunft merkte, floh er und verbarg sich vor den Gläubigen in einer Waldschlucht des Berges. Da erschien ihm der Engel des Herrn und sprach: "Ephraem, wohin fliehest du?" Er antwortete: "Ich sehne mich nach Ruhe und will vor den Schwachheiten oder Angriffen dieser Welt fliehen." Da sprach der Engel zu ihm: "Hüte dich, dass an dir nicht vollendet werde, was geschrieben stehet:4 "Ephraem ist gleich einem Kalbe, welches sein Joch von den Schultern geschüttelt hat." Da weinte der heilige Ephraem und sprach: S. 14 "Ich Schwacher, ich bin nicht werth des Wortes, welches du gesprochen." Der Engel sprach zu ihm: "Niemand zündet ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter." Als Ephraem das hörte, kehrte er um und stieg in die Stadt hinab. Es kam[en] aber denen zu Ohren, die hinausgezogen waren, ihn zu suchen. Als der Heilige nun an das Thor der Stadt kam, hob er seine Augen auf gen Himmel und betete unter Thränen zu Gott und sprach also: "Herr Gott, der du deinen heiligen Aposteln Macht gegeben hast über die bösen und unreinen Geister und sie ausgerüstet hast mit den Gaben des heiligen Geistes, damit sie den Satan und all' sein Heer vernichten, gieb auch mir Kraft von deinem Thron herab, dass ich alle Secten vernichte, die sich wider deine Wahrheit auflehnen."

Nach diesem Gebet ging er durch das östliche Thor der Stadt; es war aber schon Abend, und er begab sich deshalb in einen der Thürme der Stadt und übernachtete hier, und die ganze Nacht hindurch betete er unaufhörlich. Bei Tagesanbruch stand er auf und ging gerade in die Stadt hinein. Aber die, welche ausgezogen waren um ihn zu suchen, sahen ihn und begannen ihn zu verspotten und sprachen: "Kommt und sehet den Ruhmgierigen, lasset uns hinabsteigen und ihm Ehre erweisen, uns alle, die wir ihn sehen. Er floh vor uns und plötzlich kommt er von selbst zu uns." Da ergriffen sie ihn und führten ihn vor die Lehrer, vor die Weisen und Vorsteher, mitten unter die Geistlichkeit, dass sie untersuchen und forschen möchten, wer der Mensch sei. Ephraem aber, der Auserwählte des Herrn, sprach in grosser Demuth zu ihnen: "Väter und Brüder, lasset mich frei; ich bin der, welchen ihr suchet." Aber die, welche ihn ergriffen hatten, meinten wegen der Dürftigkeit seiner Kleidung, er müsse ein Unwissender sein. Da sie aber seine Demuth, seine Bescheidenheit und die göttliche Gnade erkannten, die so reichlich über ihn ausgegossen war, da entbrannte in Aller Herzen eine heftige Liebe zu ihm.


  1. S. Ephraem's Testament (Opp. Ephr. Tom. II, p. 408. Graec.), ausserdem erzählen dasselbe die Armenier im Menol. 28. Jan. ↩

  2. Die Zahl der Gedichte Ephraem's wird von den Syrern auf 12000, von den Kopten (im Synaxarium 17. Januar) auf 14000 angegeben. Noch jetzt besitzen wir viele dieser Gedichte, das Trefflichste, was die Syrer von Poesie haben. Jene Schätzungen der Anzahl scheinen uns keinesweges übertrieben, zumal wenn wir bedenken, wie umfangreich überhaupt die Schriften der Kirchenväter sind. Wohl aber können wir nicht der Angabe des Theophanes beitreten, der von Leuten, welche die Gedichte Ephraem's gelesen hatten, gehört haben will, dass die Anzahl derselben trecentas myriadas (!) betrage. ↩

  3. Der Commentar zur Genesis, der hier gemeint ist, darf nicht mit dem andern verwechselt werden, den Ephraem mit dem h. Jacobus gemeinsam geschrieben hatte. Wiewohl auch dieser ein Document der tiefsten Erkenntniss und reinsten Auffassung des göttlichen Wortes ist, so stellen wir doch den erstgenannten Commentar noch höher und können kein schärferes Urtheil darüber aussprechen, als wie wir es aus der vorliegenden Stelle erfahren. Man erstaunt über die Fülle der göttlichen Gnade und über die Weisheit des Verstandes, die Gott dem Ephraem gegeben. ↩

  4. Hosea 10. ↩

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