7.
Um eben diese Zeit trieben viele Bewohner der Stadt einen unsinnigen Götzendienst. Da hörte denn Ephraem nicht auf, sie zu belehren und zum Wege der Wahrheit zurückzuführen, sobald er nur sein Tagewerk vollbracht hatte. Eines Tages, als er wieder mit einem Heiden sprach, traf ihn ein heiliger und edler Greis und fragte ihn: „Woher bist du, mein Sohn?“ Da erzählte ihm der heilige Ephraem sein ganzes Leben. Da sprach der Mönch zu ihm: „Wie ziemt es sich für dich mit Heiden zu verkehren, da du doch ein Christ bist? Oder ist es dein Wille, in der Welt zu leben?“ Der heilige Ephraem erwiederte: „Nein, mein Vater.“ „Nun so musst du,“ erwiederte ihm der Mönch, „für deine Seele sorgen. Ich aber will dich zu deinem geistigen Heile geleiten. Gehe auf den Berg in eins der Klöster, zu einem Einsiedler oder Mönche, dass er dir den rechten Weg zeige, und dich zur Vollkommenheit führe.“ Als der heilige Ephraem das hörte, war er hocherfreut in seinem Herzen, folgte dem heiligen Greise und stieg mit ihm den Berg hinan. Hier wohnte er in einer Höhle, bekam die Tracht der Mönche, fastete und betete und hörte nicht auf Tag und Nacht in der heiligen Schrift zu lesen. Und es wurde ihm die Gabe der Auslegung gegeben, dass er die erhabenen und göttlichen Bücher erklären konnte. Als er nun so durch die göttliche Lehre gebildet war, da sammelte und vertheidigte er alle Lehren des Geistes und alle Worte des Lebens. - Eines Nachts, als der heilige Greis aus seiner Zelle heraustrat, sah er plötzlich einen Engel des Herrn vom Himmel herniedersteigen, der trug ein Buch in der Hand, das auf beiden Seiten beschrieben war, und es war dem Greise, als wenn der Engel zu einem andern Engel die Worte sprach: „Wem soll ich dieses Buch geben?“ Da antwortete der Engel: „Dem Mönche Origenes, der in der Wüste Aegyptens wohnt.“ Und es erwiederte der, welcher das Buch S. 12 trug: „Das hat der Herr nicht befohlen.“ Und wiederum sprach er: „Wer ist dieses Buches würdig?“ und es erwiederte der andere Engel: „Der Mönch Julius, der im Lande des Nordens wohnt.“ Da antwortete jener und sprach: „Ihr wisset es nicht; dieses Buches ist jetzt Niemand würdig, denn Ephraem der Syrer, der auf dem Berge Edessa's wohnt“.1
vergl. dazu die zweite, kürzere Lebensbeschreibung. ↩
