17.
Als nun Ephraem nach Edessa kam, fand er hier Secten aller Art und die bedeutendste unter allen war die des Zauberers Bardeson.1 Zufällig fiel ihm das verderbliche Buch des Bardeson in die Hände, wie dies Ephraem selbst mittheilt mit folgenden Worten:
"Ich fand ein Buch von Bardeson, "Das mich auf eine Stunde trauern liess, "Das meine Ohren befleckte und mich selbst ganz "Mit dem Makel seiner Schande. "Ich höre in seinen Worten die Schande "Und in seinen Reden die Schmach. "Wenn der Leib nicht aufersteht, "So ist's des Leibes Fluch; "Schuf aber Gott ihn zum Verderben "Und, dass er nimmer wieder aufersteh', "Siehe, so kommt Schmach über die Gerechtigkeit des Herrn "Und verläumdet Gottes Wege; "Sie setzt den Hass zur Liebe "Und raubt des Lebens Hoffnung. "Drum wend' ich ab mich und lese, meine Brüder, "In dem Buch des heil'gen Geistes "Und betäube so das Ohr "Gegen jenen schwarzen Frevel." 2
Als nun der heilige Ephraem sahe, wie die Stadt durch viele Secten verunreinigt war, da entbrannte er von einem göttlichen Feuer, wie jener von göttlichem Eifer glühende, weise Phinees, der Sohn des Eleazar, und er ward ein Krieger und vernichtete alle Secten und rottete sie aus. Deshalb befiel Alle eine grosse Furcht, und wie Wachs vor dem Feuer, so schmolzen alle Secten vor dem Heiligen S. 26 dahin; sie konnten ihm gegenüber nicht bestehen, und er leitete sie wieder auf den Weg der Wahrheit. — So sah er denn auch, wie die Secte des Bardeson in Edessa Macht erlangte durch ihre leichtsinnigen und verführerischen Gesänge; denn dieser verruchte Bardeson hatte Gedichte jeglicher Gattung verfertigt, aber auch das Gift des Todes hineingemischt für Alle die sie lernen. Die brachte er denn unter die Schaaren der Knaben und lehrete sie die Gedichte zur Cither singen. Er hatte aber die Psalmen David's nachgeahmt und 150 solcher verführerischer Gesänge gedichtet, mit denen er die Gemüther Vieler an sich zog. Wie Satanas in Wahrheit die Kinder Kain's unterwiesen, so hat er auch diesen Frevler gelehret, so dass er ein Instrument ist, auf dem Satanas spielt. — Wer, meine Brüder, vermag die Beredtsamkeit des heiligen Ephraem zu schildern, seine Anstrengung, seine Thätigkeit, die unsäglichen Mühen und die Wachsamkeit, die er angewendet, bis er alle die Irrthümer zerstört, die gegen die Wahrheit sich erhoben, und alle Secten zerstöret und ausgerottet hatte; wie Spreu, die der Wind verweht, so waren alle Secten vor ihm. Aber es war ihm auch von Gott Weisheit gegeben, die über alle Weisheit ging. Die Rede ist zu schwach, ihn zu preisen und alle Worte genügen nicht zu seinem Ruhme; denn er ist gerüstet, der Athlete des Gesalbten und führt den Kampf gegen die linke Seite,3 vorzüglich aber gegen die Gottlosigkeit des Bardeson und seiner Schüler.
Dass Ephraem diese und die andren Secten, die in Edessa waren, schon vor seiner Reise zum h. Basilius gekannt, versteht sich von selbst; denn er hatte seine Sermonen gegen die Secten geschrieben. (S. oben.) ↩
Diese Worte Ephraem's sind aus einem Gedicht, von dem nur noch das vorliegende Fragment von 18 Versen im 7sylbigen Metrum vorhanden ist. ↩
Dem Verfasser scheint beim Gebrauche dieses Bildes das Gleichniss des Herrn "vom jüngsten Gericht" vorgeschwebt zu haben (Matth. 25, 31 ff.), "wo der Heiland die Völker mit Schafen und Böcken vergleichet, jene sind die Guten und Gläubigen, diese die Gottlosen und Ungläubigen; diese stellt der Herr am jüngsten Gericht zu seiner Linken, jene zu seiner Rechten." So nennt denn auch hier der Verfasser, an jene Stelle anknüpfend, die Abgefallenen und Ungläubigen die linke Seite. ↩
