2.
„Und Gott sprach: Es werde das Firmament inmitten des Wassers und scheide das Wasser vom Wasser1.” Schon gestern haben wir die Worte Gottes gehört: „Es werde Licht!” Und heute hören wir: „Es werde das Firmament!” Diese letzteren Worte scheinen aber etwas mehr zu enthalten; denn die Rede verblieb hier nicht beim nackten Befehl, sondern gab auch den Zweck an, wozu der Bau des Firmamentes erforderlich war. „Damit es scheide”, sagt er, „inmitten Wasser vom Wasser.” Zunächst fangen wir an, zu untersuchen, wie Gott redet. Etwa nach unserer Art, daß zuerst das Bild von den Dingen in das Bewußtsein kommt, daß er dann nach gewonnener Vorstellung jedem Dinge die ihm eigentümlichen und zutreffenden Bezeichnungen auswählt und ausspricht, daß er dann das Gedachte dem S. 43 Dienste der Sprachorgane übergibt und so durch den Luftdruck in Verbindung mit der artikulierten Bewegung der Stimme den geheimen Gedanken kundgibt? Wie, ist es nicht unglaublich, daß man sagt, Gott benötige zur Offenbarung seiner Gedanken eines solchen Umweges? Ist es nicht gottesfürchtiger zu sagen, der göttliche Wille und die erste Regung der geistigen Tätigkeit sei Gottes Logos (Wort)? Auf ihn weist die Schrift durchgängig hin, um zu zeigen, daß Gott die Schöpfung nicht nur (schlechthin) entstehen, sondern sie durch einen Mitwisser ins Dasein treten lassen wollte. Denn Moses hätte von allen Dingen sagen können, wie er im Anfange gesagt hat: „Im Anfange schuf Gott den Himmel und die Erde”, dann: „Er schuf das Licht”, hernach: „Er machte das Firmament.” Da aber hier die Schrift Gott befehlend und redend einführt, so weist sie stillschweigend auf den hin, dem er befiehlt und mit dem er redet2. Dabei mißgönnt sie uns die Kenntnis keineswegs, sondern sie will uns nur zur Sehnsucht entflammen, wenn sie einige Spuren und Andeutungen vom Geheimnisse einwebt. Denn das mühsam Erworbene wird freudig aufgenommen und sorgfältig verwahrt; was man aber leicht erwirbt, dessen Besitz schätzt man gern gering ein. Deshalb führt uns die Schrift schrittweise und allmählich zur Erkenntnis des Eingebornen. Gewiß bedurfte die körperlose Natur des verlautbaren Wortes so wie so nicht, da ja das Gesagte selbst dem Mitwirkenden mitgeteilt werden konnte. Was brauchen denn die das (gesprochene) Wort, die schon durch den Gedanken einander ihren Willen mitteilen können? Die Stimme ist doch nur des Gehörs wegen und das Gehör der Stimme wegen da. Wo aber weder Luft noch Zunge noch Ohr noch ein gewundener Gehörgang ist, der die Stimmen zur Wahrnehmung im Kopfe bringt, da bedarf es auch keiner Worte; vielmehr erfolgt da die Mitteilung des Wollens sozusagen schon durch die Gedanken des Herzens. Wie gesagt, um unsern Verstand zur Erforschung der Person, S. 44 an die jene Worte gerichtet sind, anzuregen, ist weise und klug diese Ausdrucksweise gewählt worden.
