XI. KAPITEL. Von den körperlichen Prädikaten Gottes.
Wir finden, daß in der göttlichen Schrift sehr vieles von Gott auf etwas körperliche Art symbolisch ausgedrückt ist. Allein man muß wissen, daß wir, die wir ja Menschen sind und dieses grobe Fleisch an uns tragen, unmöglich die göttlichen, erhabenen, immateriellen Tätigkeiten Gottes denken oder aussprechen können, wenn wir nicht Bilder, Typen und Symbole gebrauchen, die uns angemessen sind. Was immer also von Gott auf etwas körperliche Weise gesagt ist, ist symbolisch gesprochen, es hat aber einen höheren Sinn. Denn das göttliche Wesen ist einfach und gestaltlos. Unter den Augen, den Wimpern und dem Gesicht Gottes sollen S. 31 wir seine allsehende Kraft und seine nichts übersehende Erkenntnis verstehen, weil durch diesen Sinn eine vollkommenere Erkenntnis und Einsicht bei uns entsteht. Unter den Ohren und dem Gehör seine Geneigtheit, Gnade zu üben und unser Flehen aufzunehmen. Denn auch wir zeigen uns durch diesen Sinn denen, die flehentlich bitten, gnädig, freundlich neigen wir zu ihnen das Ohr. Unter dem Mund und dem Reden den Ausdruck seines Willens, weil bei uns durch Mund und Reden die Gedanken des Herzens zum Ausdruck kommen. Unter Speise und Trank unsere Übereinstimmung mit seinem Willen, denn auch wir sättigen durch den Geschmacksinn das notwendige Begehren der Natur. Unter Geruch die Annahme 1 wohlwollender Gesinnung 2 gegen ihn, weil auch bei uns durch diesen Sinn die Aufnahme des Wohlgeruchs erfolgt. Unter Angesicht sein Erscheinen und Sichtbarwerden in den Werken, weil auch wir durch das Angesicht erkennbar werden. Unter den Händen seine erfolgreiche Wirksamkeit, denn auch wir führen das Nützliche und besonders Wertvolle mit unseren Händen aus. Unter der Rechten seine Hilfe zur rechten Zeit, denn auch wir bedienen uns da, wo es sich um höheren Anstand und Wert handelt, und sehr viel Kraft nötig ist, lieber der Rechten. Unter Betastung seine ganz genaue Erkenntnis und Erforschung der unscheinbarsten und verborgensten Dinge, weil bei uns die, die betastet werden, nichts in sich verbergen können. Unter Füßen und Gehen sein Kommen und Erscheinen zur Unterstützung der Bedürftigen oder zur Bestrafung der Feinde oder zu anderem Tun, weil sich bei uns durch den Gebrauch der Füße das Kommen vollzieht. Unter dem Schwur die Unveränderlichkeit seines Ratschlusses, weil bei uns die gegenseitigen Verträge durch einen Eid befestigt werden. Unter Zorn und Grimm seine Feindschaft und Abneigung gegen die Schlechtigkeit, denn auch wir zeigen Haß und Zorn gegen das, was unserer Gesinnung entgegengesetzt ist. Unter Vergessen, Schlaf und Schlummer die Verzögerung der Bestrafung S. 32 der Feinde und den Aufschub der gewohnten Hilfe gegen die Seinen. Kurz, alle die körperlichen Bezeichnungen Gottes haben einen verborgenen Sinn, der uns aus dem, was uns entspricht, das lehrt, was über uns ist, ausgenommen das, was etwa über den körperlichen Erdenwandel des Gott-Logos gesagt ist. Denn er hat unseres Heiles wegen den ganzen Menschen angenommen, eine vernünftige Seele und einen Leib und die Eigentümlichkeiten der menschlichen Natur und die natürlichen, untadeligen Affekte.
