26.
„Am dritten Tage ist er wieder auferstanden von den Todten.“
Die Glorie der Auferstehung verherrlichte in Christo Alles, was vordem schwach und gebrechlich erschien. Hattest du es kurz vorher, d. h. bei Erwägung des vorhergehenden Artikels für unmöglich erachten mögen, daß der Unsterbliche zum Tode gekommen sei: so siehe nun, wie Derjenige, von dem gesagt wird, daß er nach Besiegung des Todes auferstanden sei, fürder dem Tode nicht unterworfen sein kann. Doch darin erkenne die Güte des Schöpfers, daß Jener bis dahin, dir folgend, herniederstieg, wohin du durch die Sünde weggeworfen wardst. Und sage nicht verwegen, es sei für Gott, den Schöpfer aller Dinge, unmöglich, dahin als Heilbringer zu gelangen, wo immer das Werk seiner Hand durch gebrechlichen Fall eingeschlossen wurde. Wir, die wir in der bestimmten Begrenzung unseres Körpers fest gehalten in den Grenzen des uns angewiesenen Raumes existiren, sprechen von „unten“ und „oben.“ Für Gott aber, der überall ist, der nirgendwo nicht ist, was ist für ihn „unten“, was „oben“? Und doch findet auch Dieses in der körperlichen Auferstehung Christi seine Anwendung. Das Fleisch, welches in's Grab gelegt war, wird auferweckt, damit das Wort des Propheten erfüllt werde: „Deinen Heiligen wirst du nicht sehen lassen die Verwesung.“ 1 So kehrte er als Sieger zurück von den Todten, mit sich ziehend die der Unterwelt entrissene Beute. Denn er entführte Diejenigen ihrer Gefangenschaft, die vom Tode festgehalten waren, wie er es selbst vorhergesagt hatte mit den Worten: „Wenn ich von der Erde erhöht sein werde, S. 60 will ich Alles an mich ziehen.“ 2 Es bezeugt Dieses das Evangelium, wenn es sagt . „Die Gräber öffneten sich, und viele Leiber entschlafener Heiligen standen auf und erschienen Vielen und sie gingen hinein in die heilige Stadt“ 3 d. h. zweifelsohne in jene Stadt, von welcher der Apostel sagt. „Jenes Jerusalem von oben aber, das ist die Freie, welche unser aller Mutter ist;“ 4 wie er denn auch an die Hebräer schreibt: „Denn es ziemte sich, daß Derjenige, um dessen willen alle Dinge, durch den alle Dinge sind, der viele Söhne zur Herrlichkeit geführt, als Urheber ihres Heiles durch Leiden zur Vollendung gebracht werde.“ 5 So hat er das durch Leiden zur Vollendung geführte menschliche Fleisch, das durch den Fall des ersten Menschen dem Tode verfallen war, nachdem es durch die Kraft der Auferstehung wieder hergestellt war, zur Rechten des Vaters sitzend, zur höchsten Höhe erhöht, wie auch der Apostel sagt: „Der uns zugleich auferweckt hat und zugleich uns versetzt in den Himmel.“ 6 Denn Dieser war der Töpfer, der, wie der Prophet Jeremias lehrt, „das Gefäß, welches seiner Hand entfallen und zerbrochen war, wiederum mit seinen Händen aufhob und wieder herstellte, wie es gut schien in seinen Augen.“ 7 Es beliebte aber die Weise, daß er den Leib, den er als sterblichen und vergänglichen angenommen hatte, nachdem er ihn dem Grabstein enthoben und zu einem unsterblichen und unvergänglichen gemacht hatte, nicht mehr auf der Erde ließ, sondern ihn in den Himmel zur Rechten des Vaters versetzte. Voll sind von diesen Geheimnissen die Schriften des alten Testamentes. Kein Prophet, kein Gesetzgeber, kein Psalmendichter hat Dieß mit Stillschweigen übergangen, im Gegentheil fast jede Seite (der Schrift) redet davon, weßhalb es überflüssig ist, bei der Sammlung weiterer Zeugnisse zu verweilen. Dennoch wollen wir einiges Wenige noch anführen, indem wir Diejenigen, welche reichlicher zu trinken S. 61 wünschen, auf die Quellen der göttlichen Bücher selbst verweisen. So sagt er gleich in den Psalmen: „Ich schlief und sank in tiefen Schlaf und stand wieder auf; denn der Herr nahm mich auf.“ 8 Und gleicher Weise an einer andern Stelle: „Wegen des Elendes der Dürftigen und des Seufzens der Armen stehe ich jetzt auf, spricht der Herr.“ 9 Und anderswo, wie wir es schon oben angeführt habend „Herr, du führtest meine Seele aus der Hölle, du hast mich befreit von denen, die hinabfahren in die Tiefe.“ 10 Und an einer andern Stelle. „Du wandtest dich um und belebtest mich, und von dem Abgrunde der Erde hast du mich wieder zurückgeführt.“ 11 Ganz deutlich wird von ihm im 87. Psalm gesagt: „Und er ist geworden wie ein Mensch ohne Hilfe, ein Freier unter den Todten.“ 12 Es heißt nicht ein Mensch, sondern wie ein Mensch. Denn er war wie ein Mensch, der in die Unterwelt hinabgestiegen war; aber unter den Todten war er frei, weil er vom Tode nicht gefangen gehalten werden konnte. Und so zeigt sich einerseits die Natur menschlicher Gebrechlichkeit, anderseits die Macht göttlicher Majestät. Der Prophet Oseas aber spricht sich auch über den dritten Tag aufs Deutlichste aus in folgender Weise: „Er wird uns heilen,“ sagt er, „nach zwei Tagen: am dritten Tage aber werden wir auferstehen und leben vor seinem Angesichte.“ 13 Dieß aber sagt er im Sinne derer, welche am dritten Tage mit ihm auferstanden und vom Tode zum Leben wieder zurückgerufen wurden. Und diese Nämlichen sind es, welche sagen: „Am dritten Tage werden wir auferstehen und leben vor seinem Angesichte.“ Isaias aber sagt klar und deutlich: „Der von der Erde weggeführt hat den großen Hirten der Schafe.“ 14 Doch auch den Umstand, daß die Weiber seine Auferstehung sehen würden, während die Schriftgelehrten und Pharisäer und das S. 62 Volk sich ungläubiger verhielten, hat Isaias vorhergesagt mit den Worten: „Ihr Weiber, die ihr von dem Schauspiele herkommt, kommet; denn es ist ein Volk, das keine Einsicht hat.“ 15 Aber auch über jene Weiber, von denen es heißt, daß sie nach der Auferstehung zum Grabe gegangen seien, ihn gesucht und nicht gefunden hätten, wie über Maria Magdalena, von der berichtet wird, daß sie vor Tagesanbruch zum Grabe gekommen sei und, da sie ihn nicht fand, weinend zu den anwesenden Engeln gesagt habe: „Sie haben den Herrn genommen, und ich weiß nicht, wohin sie ihn gebracht haben:“ 16 - auch hierüber wird ähnlicher Weise vorhergesagt im hohen Liede: „Auf meinem Lager habe ich gesucht, den meine Seele liebt: in den Nächten habe ich ihn gesucht und nicht gefunden.“ 17 Auch über Jene, die ihn fanden und seine Füße umfaßten, wird geweissagt im hohen Liede: „Ich werde ihn umfassen und ihn nicht entlassen, ihn, den meine Seele liebt.“ 18 Das Angeführte ist indeß nur Weniges von Vielem: da wir uns der Kürze befleissigen wollen, dürfen wir nicht mehr zusammenhäufen.
