12. (9. Cap.) Die Priester und Diakonen dürfen den ehelichen Umgang mit ihren Frauen nicht fortsetzen.
Ausserdem, was würdig und schamhaft und ehrbar ist, muß die Kirche auf jede Weise festhalten, daß die Priester und Leviten sich mit ihren Frauen nicht vermischen, weil sie durch die Pflichten des täglichen Dienstes in Anspruch genommen werden. Denn es steht geschrieben:1 „Seid heilig, weil auch ich heilig bin der Herr, euer Gott.“ Wenn schon im alten Bunde die Priester in ihrer Dienstzeit nicht aus dem Tempel Gottes hinaus giengen,2 wie wir es von Zacharias lesen,3 und ihre Wohnungen gar nicht berührten, denen doch wegen der Nachkommenschaft der eheliche Umgang gestattet war, da es Gesetz war, daß von einem anderen Stamme und aus einem anderen Samen als dem des Aaron Keiner zum Priesterthume hinzutreten dürfe, um wie viel mehr werden jene Priester und Leviten die Keuschheit vom Tage ihrer Ordination an beobachten müssen, welche ein Priesterthum oder Levitenthum ohne Erbfolge haben, bei denen kein Tag vergeht, wo sie nicht entweder das göttliche Opfer darbringen oder die Taufe spenden müssen!"4 „Denn wenn Paulus im Briefe an die Korinthier sagt:5 „Enthaltet euch für eine Zeit, damit ihr dem Gebete oblieget," und zwar Dieß den Laien befiehlt, so werden um so mehr die Priester, deren unaufhörliche Pflicht in Beten und Opfern besteht, sich immer eines solchen Umganges enthalten müssen."6 Denn, ist er von fleischlicher Begierlichkeit befleckt, wie wird er, ohne schamlos zu sein, es wagen zu opfern? Oder mit welchem Gewissen, auf welches Verdienst hin glaubt er erhört zu werden, da es doch heißt:7 „Den Reinen ist Alles rein, den Befleckten und S. 20 Ungläubigen aber ist Nichts rein"? Aber vielleicht meint Einer, es sei ihm Dieß erlaubt, weil geschrieben ist:8 „Einer Frau Mann;" (allein hiemit meinte der Apostel) nicht Einen, der in der Begierlichkeit des Erzeugens verharrt, sondern (er sagte es) wegen der zukünftigen Enthaltsamkeit.9 Denn Derjenige schloß die Unversehrten am Leibe10 nicht aus, welcher sagt:11 „Ich wünschte aber, daß Alle so wären, wie auch ich bin ;" und deutlicher noch erklärt er es mit den Worten: „Die aber im Fleische sind, können Gott nicht gefallen. Ihr aber seid nicht mehr im Fleische, sondern im Geiste."
Levit. 11, 44. ↩
Levit. 21, 12. ↩
Luk. 1, 28. ↩
7. Decret. cf. D. XXXI. c. 4. ↩
I Kor. 7, 5. ↩
8. Decret. cf. D. XXXI. c. 5. ↩
Tit. 1, 15. ↩
I. Tim. 3, 2; Tit .1, 6. ↩
Auch der heiIige Arnbrosins bemerkt (epist. 63. ad Vercell. n. 62). daß durch diese Worte zwar nicht die Ehe gelöst, aber der eheliche Umgang verboten werde und die Eingehung einer zweiten Ehe. ↩
Integros corpore ═ Jungfräulichen. ↩
I. Kor. 7, 7. ↩
