2.
Vor allem ist nun wohl der Beweis zu führen, daß unsere Seelen nicht mit den Überresten ihrer Leiber1 und dem Zerfalle dieser ihrer fleischlichen Wohnung beim ersten Tode ebenfalls sich auflösen, sondern daß je nach der Art ihrer Taten die einen in Orte der Strafe verwiesen werden, die andern in Stätten der Ruhe Erquickung genießen. Dann erst kann man glauben, daß auch das wieder zur Auferstehung kommt, was in einer für jeden offenkundigen Weise nicht ganz untergeht. Die Heiden, die das Letztere nicht glauben, eilen doch mit ihren unglückseligen Opfergaben zu den Gräbern und behaupten, daß ihre Toten, die sie in der Ruhe schweigender Nacht wissen, von ihnen zeitweise Speise verlangen; so zeugen sie für die Wahrheit einer Sache, die sie sonst verwerfen. Die Philosophen haben Verschiedenes über die Seele gesprochen; aber in überzeugender Beweisführung, daß sie unsterblich sei, widerlegen sie die haltlosen Aufstellungen eines Epikur, eines Dicaearch, eines Demokrit. Richtiger noch als sie urteilen die Dichter, wenn sie einen doppelten Weg in der Unterwelt annehmen: einen Weg für die Gottlosen, der in den Tartarus, und einen Weg für die Frommen, der in das Elysium führt;2 und wenn sie daran anschließend noch mehr betonen, daß dort nicht so fast die Gestalten, als vielmehr die Taten der Toten zur Kenntnis kommen und daß sie unbedingt ihren Lohn empfangen, entsprechend dem, was sie in ihren Handlungen aus der Verwaltung in der Welt mitbringen, so sprechen sie mit Recht:
Jeder erduldet, was selbst er verdient hat.3
Nach der Lesart der Ballerini: ... probandum puto animas nostras suorum corporum exuviis nee cum labe... dissolvi. Der Lesart Giuliaris: ...puto animas nostras suis corporibus exutas nee cum labe ... fehlt die handschriftliche Begründung ↩
Vgl. Vergil. Aen. VI, 542. 543. Lactantius inst. Hb. VI, c. 4. ↩
Vergil. Aen. VI, 743. ↩
