2.
Diese sind die beiden mit R und G zu bezeichnenden, über die folgendes zu bemerken ist.
R Codex der ehemaligen Benedictinerabtei Rheinau: Rhinaugia, Renovia unterhalb Schaffhausen. Er enthält, von verschiedenen Händen geschrieben, die Itinerarien des Arculfus 1 S. V und des Antoninus, wie denn in den meisten Handschriften (der Brüsseler, Berner, Vaticanischen, Cadouiner, Berliner) der letztere dem ersteren angefügt ist. Auf den Arculfus folgen, in fugam vacui wie es scheint, 43 Distichen des Venantius Fortunatus, Aufzählung von Heiligen (Virginitas felix bis urbs patefacta poli VIII, 6 ed. Luchi Ven. 1786. 4. I 268—70. Migne 88, 268 — 71), in deren Schrift sich das stets verlängerte r bemerklich macht. Hinter dem Antoninus ist f. 44—51 in etwas schmalerem Format (21,5 cent.; Breite des Textes 17 c.) ein Fragment aus Beda's Quaest. in libr. Regg. von den Worten militum eius unum solummodo (Opp. ed. Migne II 727 Z. 9) bis ruinam suis afferunt (734 Z. 26 oder Opp. Colon. 1688 III 341 — 46) angefiigt, ebenfalls wohl aus dem neunten Jahrhundert, aber anscheinend nicht sehr correct. Antoninus nimmt fol. 30—43 (letzteres vor 41 gebunden) ein. Höhe des Pergaments 31 cent., Breite 23,5; des Textes 25 und 18,5. Dreissig Zeilen. Der Text ist verhaltnissmässig gut grammatisch, er ruhrt von einem gelehrten Schreiber her, nur gegen Ende finden sich, vermuthlich aus der Vorlage, mehr Fehler; auch erscheinen hier mehr offene (merovingische?) a. Die rein carolingische Schrift ist schön; nach ihr wurde der Codex in einer älteren eingeschriebenen Notiz an das Ende des neunten oder des zehnten Jahrhunderts gesetzt, und in der That möchte man sich beim Anblick zunachst für das zehnte entscheiden; aber es kommt etwas anderes hinzu.
Vor dem Arculfus (fol. 2—28r) liest man auf fol. 1r die eigenhändige Angabe des Schreibers: In nomine dei patris et filii et spiritus sancti. Hunc codicem ego Reginbertus scriptor S. VI seruorum dei seruus, cum permissu et uoluntate seniorum, ad seruitium dei et sanctę marię cunctorumque sanctorum, quibus in auua (awa Augia) seruitur, meo studio et Iabore confeci eumque usibus fratrum inibi deo famulantium aptari et conseruari deposco perque deum optestor, ut nulli a quoquam extra monasterium donetur aut praestetur, nisi qui ibi fidem et pignus dederit, donec eum sanum et saluum suo loco restituat Es folgt dasselbe in Hexametern, die sich aus anderen Abschriften von seiner Hand bei Neugart Episc. Constant. I, 1. St. Blas. 1803. 4 p. 152 abgedruckt finden.
Dieser Codex des Arculfus verdient eine besondere Notiz. Er ist ausserordentlich schön geschrieben, etwas anstreifend an den angelsächsischen Schriftzug, namentlich in dem unter die Linie herabgehenden r, das sich besonders gegen das Ende des Textes oft und zuletzt fast immer wiederholt. Aber noch mehr: soweit die Handschriften des Arculfus bekannt sind, enthalt er den bei weitem besten Text. Ein schlagender Beweis dafür ist, dass er S. 145, 3 Tobl. die unerwartete Lesart: ita est molli id est sclemon . . . declivio bietet; sclemon ist, wie Windisch mir freundlich bestätigt, altirisches Wort in schlechter Orthographie fiir slemon mit auch sonst einzeln vorkommender ungehöriger Einschiebung eines c (sclictu für slictu Zeuss Gramm. Celt.2 p. 240, 33. p. 1005 Not. Z. 15), welches laevis und lubricus heisst. Windisch Irische Texte I 780. Zeuss 1. 1. 234, 5 226, 29. Mollis heisst allerdings sanft abfallend, Die Lesart findet sich nur noch in dem aus dem Rheinauer abgeschriebenen, gleich näher zu erwähnenden Berner Codex, wo aber Tobler sie ignorirte; die übrigen Copisten liessen das ihnen unverständliche und uninteressante Wort weg. Daher hat eine neue Ausgabe, so lange nicht ein noch authentischeres Manuscript gefunden ist, ihn zu Grunde zu legen. Es fehlt allerdings nicht an Schreibfehlern und kleinen Auslassungen, die sich aus den andern Quellen ergänzen lassen. Interpunction ist das Semicolon unten und das gleichsam umgekehrte Semicolon oben. Eine Collation würde ich gern jedem, der sie verwerthen kann, mittheilen; doch ist zu sagen, dass die Ausgabe Toblers, der den Berner Codex benutzte, viel befriedigender ist, als seine Texte des Theodosius und Antonin, und eine neue nur Aenderungen im Einzelnen aufweisen würde. ↩
