1.
Faustus sagte: Warum nimmst du das Alte Testament nicht an? Weil wir ja von ihm selber und auch aus dem Neuen Testament gelernt haben, dass man fremdes Gut nicht begehren soll (cf. Exod. 20,17; Rm. 7,7). Worauf du sagtest: Was ist denn fremdes Gut im Alten Testament? Besser hättest du gesagt, was ist darin nicht fremdes Gut? Es verspricht Reichtümer, Sattheit des Bauches, Söhne und Enkel und ein langes Leben und dazu noch die Herrschaft im Land Kanaan; aber all dies verspricht es nur den Beschnittenen und denen, die den Sabbat beobachten, denen, die seinem Gott opfern und die auf Schweinefleisch verzichten und sich an die andern Vorschriften dieser Art halten. Da ich nun, so wie jeder Christ, all diese Vorschriften nicht befolge, weil ich sie selbstredend als kindisch und ohne Belang für das Seelenheil ansehe, folgere ich, dass auch all das, was das Alte Testament verheisst, mich nicht betrifft, und eingedenk des Gebotes (cf. Exod. 20,17; Rm. 7,7): Du sollst nicht fremdes Gut begehren! habe ich diese Güter freudig und bereitwillig den Juden, die ja darauf Anspruch haben, überlassen, natürlich voll zufrieden mit dem Evangelium und der herrlichen Erbschaft des Himmelreiches. Wie ich nämlich einen Juden, sollte er Anspruch auf das Evangelium erheben, mit Recht anfahren würde: Du dreister Kerl, was geht dich das Evangelium an, da du ja seine Gebote nicht einhältst?, ähnlich, so befürchte ich, würde mich ein Jude anfahren, wenn ich das Alte Testament für mich beanspruchen würde, dessen Gebote ich verachte.
