11. Die Teilnahme am heidnischen Aberglauben der Spiele ist eine schwere Versündigung gegen Gott in glücklichen Tagen
Man fragt vielleicht, worauf das alles abziele? Worauf denn zweifellos anderes, als daß eben nichts für gering gehalten werden dürfe, wodurch Gott beleidigt wird? Wir sprechen doch von den öffentlichen Spielen, dem Hohn auf unsere ewige Hoffnung, dem Hohn auf unser Leben. Denn, wenn wir im Theater und im Zirkus uns vergnügen, gehen wir zugrunde gemäß dem Wort der Heiligen Schrift: "Der Tor begeht mit Lachen eine Schandtat.„ 1Und auch wir begehen daher, wenn wir bei schändlichen und unziemlichen Dingen lachen, Schandtaten, und zwar keine ganz kleinen, sondern um so strafwürdigere, weil sie scheinbar klein sind, ihren verderblichen Folgen nach aber eine wahre Pest. Denn zwei sehr große Übel gibt es, nämlich wenn der Mensch sich selbst vernichtet oder wenn er Gott verletzt. Beides wird in den öffentlichen Spielen getan: denn durch die sündhaften Schändlichkeiten wird dort das ewige Heil des christlichen Volkes vernichtet, und durch den gottesräuberischen Aberglauben wird die göttliche Majestät verletzt. Denn ohne Zweifel verletzt dieser Gott, da er den Götzen gilt. In den Gymnasien wird nämlich Minerva verehrt und angebetet, in den Theatern Venus, Neptun in den Rennbahnen, Mars in den Arenen, Merkur in den Ringschulen, und so richtet sich die Pflege des Aberglaubens nach der Art seines jeweiligen Schöpfers. Alles, was es an Unreinheit gibt, wird im Theater ausgeübt; jede Ausschweifung in den Palästren, alle Unmäßigkeit im Zirkus, alle Raserei im Zuschauerraum. Hier herrscht Schamlosigkeit, dort Gemeinheit; hier Unmäßigkeit, dort Wahnsinn; überall aber ein Dämon, ja, an jedem einzelnen Schauplatz von Spielen herrschen alle dämonischen Ungeheuer auf einmal. Denn sie haben den Vor- S. 198 sitz auf den ihrer Verehrung geweihten Plätzen. Und deshalb liegt in Schauspielen solcher Art nicht nur eine Verlockung, nicht nur Lasterhaftigkeit; es ist vielmehr eine Art Gottesraub, wenn ein Christ solchem abergläubischen Treiben sich zugesellt; nimmt er doch an der Verehrung derjenigen teil, an deren Festen er sich freut. Obgleich dies nun immer ein sehr schweres Vergehen ist, so wird es gerade dann noch unerträglicher, wenn unser besonderes Unglück oder unser besonderes Glück es über das alltägliche Maß hinaus strafwürdig macht, weil man im Unglück Gott noch inständiger um Versöhnung bitten muß und im Glück ihn noch weniger beleidigen darf. Versöhnt muß er nämlich werden, wenn er zürnt; verletzt darf er nicht werden, wenn er gnädig ist. Denn das Unglück kommt durch den Zorn Gottes, das Glück durch seine Gnade, Wir aber tun von allem das Gegenteil. Du fragst, inwiefern? Höre: Zunächst, wenn Gott infolge seiner Barmherzigkeit sich erhören läßt (denn niemals leben wir so, daß wir verdienten, erhört zu werden), aber wenn er einmal, wie ich gesagt habe, gleichsam sich selbst erhört und uns Tage des Friedens gibt, reichen Erfolg, Ruhe in der Fülle aller Güter und einen Überfluß, der über unsere Wünsche hinauswächst, so werden wir durch solches Glück und solches Wohlleben verdorben; und zugleich beflecken wir uns so durch die Üppigkeit und Schlechtigkeit unserer Sitten, daß wir Gottes und unser selbst ganz vergessen. Und obwohl jegliche Frucht eines gottgeschenkten friedlichen Lebens nach dem Wort des Apostels darin besteht, "daß wir ein ruhiges und stilles Leben in aller Frömmigkeit und Reinheit führen“, 2benützen wir die von Gott gegebene Ruhe nur dazu, um in Trunkenheit und Ausschweifung, in Schandtaten und Raub, in jeglicher Art von Verbrechen und Ruchlosigkeit zu leben. Gerade als ob die Wohltat des Friedens ein Freibrief wäre für die Schändlichkeit und wir Waffenruhe S. 199 und Frieden von Gott nur deshalb geschenkt bekämen, um desto freier und sorgloser sündigen zu können. Unwürdig sind wir daher der Geschenke des Himmels, da wir die Wohltaten Gottes nicht richtig gebrauchen und aus einem Untergrund zu guten Werken nur einen Stoff zu Lastern machen. So kommt es, daß sogar der Friede gegen uns zeugt, weil wir so mit ihm umgehen; und es frommt nicht, etwas zu empfangen, wodurch man schlechter wird. Wer kann das glauben? Wir verändern die Natur der Dinge durch unsere Ungerechtigkeiten; und was Gott durch ein Geschenk seiner Güte gut machte, das machen wir schlecht durch unsere schlechten Sitten.
