[Vorwort]
Ein reizendes Brieflein. Zeigt es doch, daß die ernste Lebensauffassung im aszetischen Zirkel in Rom das rein Menschliche nicht ertötet hatte. Der Sinn für die Festtagsfreude und Festtagsstimmung, der Unterschied zwischen Feiertag und Alltag war geblieben. In prächtigem Schmelz fließen Scherz und Ernst zusammen. Wer hier von billet doux, von Salonbeichtvätern aus dem Zeitalter Ludwigs XIV., von galanter Spielerei redet, 1 sieht mit schielendem Auge. Fürwahr, dafür sind der Fälle im reichen Briefwechsel des Heiligen zu wenige.
Zum Feste des hl. Petrus hat Eustochium ihrem verehrten Seelenführer einige bescheidene Gaben als Zeichen ihrer treuen Anhänglichkeit übersandt, begleitet von einem Brieflein. Dieses enthielt wohl den „Pfeffer“, vielleicht eine zarte Mahnung zur Sanftmut, die in jenen Tagen, in denen Hieronymus scharf angegriffen wurde, nicht unberechtigt war. Im vorliegenden Dankschreiben deutet der Empfänger die Geschenke allegorisch auf die Spenderin, der er nun auch seinerseits den „Pfeffer“ nicht erspart. Der harmlose Scherz bereitet ihm soviel kindliche Freude, daß er das Brieflein auch an Marcella schickt, damit auch sie sich daran ergötze. 2 Nur düsterer Rigorismus kann das Fazit dieses Briefleins in die Worte kleiden: „Die ernste Würde, wie sie ein Ambrosius besaß, ging ihm ab.“ 3
Der Brief ist verfaßt zum Peterstage des Jahres 384. 4
