10.
Mein geliebter Sohn Oceanus! Das sind die Voraussetzungen, nach denen man mit Ernst und Sorgfalt Umschau halten muß, die Maßstäbe welche die Kirchen anlegen sollen, die Vorschriften, welche zu beachten sind bei der Auswahl der Priester. Jedoch muß bei der Auslegung des Gesetzes Christi jeder persönliche Haß, jede private Feindschaft und alle Mißgunst, die ja immer ihren Urheber schlägt, ausscheiden. Prüfe S. b374 einmal selbst, in welch gutem Ruf dieser zweimal Verheiratete stehen muß, den man beschuldigt, dem seine Gegner nichts anderes als eine eheliche Verbindung, die dazu noch vor der Taufe abgeschlossen war, vorwerfen können! Er, der das Gebot gab: „Du sollst nicht ehebrechen“, hat auch gesagt: „Du sollst nicht töten.“ 1 Wenn wir auch keine Ehebrecher sind, dafür aber morden, dann sind wir Verächter des Gesetzes. Wer das ganze Gesetz beobachtet, aber in einem Punkte dagegen verstößt, der macht sich des Ganzen schuldig. 2 Wenn man uns also damit kommt, daß man einem Bischof die vor der Taufe eingegangene Ehe vorwirft, dann wollen wir einmal untersuchen, ob bei ihnen all das in Ordnung ist, was für die Zeit nach der Taufe verlangt wird. Wir werden finden, daß man sich über das hinwegsetzt, was nicht gestattet ist, aber beanstandet, was erlaubt ist.
