Vierter Artikel. Die List ist eine Sünde, welche zur Schlauheit gehört.
k) Dem steht entgegen: I. Sünde und zumal Todsünde findet sich nicht in vollkommenen Seelen. List aber gebrauchen sie, nach 2. Kor. 12.: „Da ich schlau war, fing ich euch mit List.“ II. List gehört vorzugsweise zur Zunge, nach Ps. 5.: „Mit ihren Zungen haben sie Listiges getrieben.“ Die Schlauheit aber wie die List findet sich in der Thätigkeit der Vernunft. Also gehört die List nicht zur Schlauheit. III. Prov. 12. heißt es: „List besteht im Herzen derer, die Böses denken.“ Nicht aber alles Denken der Bösen gehört zur Schlauheit. Also ist die List nicht zur Schlauheit zugehörig. Auf der anderen Seite dient die Schlauheit dazu, um jemanden „herumzubringen“, zu täuschen, nach Ephes. 4. 14. Dazu dient aber auch die List.
b) Ich antworte, die Schlauheit wolle mit falschen Mitteln und Wegen zu einem guten oder schlechten Zwecke gelangen. Sie kann nun selbst entweder solche Mittel und Wege ausdenken; und das ist im eigentlichen Sinne Schlauheit, wie es Klugheit ist, wahre Mittel und Wege zu finden; — oder sie kann solche Mittel und Wege voraussetzen und nur die thatsächliche Ausführung davon übernehmen; und das ist eigentlich List. Die List also schließt in sich eine gewisse Ausführung des schlau Erdachten ein.
c) I. Manchmal nimmt man „List“ sowie „Schlauheit“ im guten Sinne. II. Die Ausführung des schlau Erdachten geschieht vorzugsweise durch Worte als die ausdrucksvollsten Zeichen für den Menschen. Aber auch in Werken kann List sich bergen, nach Ps. 105.: „List wirkten sie gegenüber seinen Knechten.“ Und ebenso kann List im Herzen sein, nach Ekkli. 19.: „Das Innere seines Herzens ist voll von List;“ dies ist je nachdem jemand List sich erdenkt, wie der Psalmist sagt (Ps. 37.): „Über List haben sie nachgedacht den ganzen Tag.“ III. Zumeist sinnen jene, welche Übles thun wollen, über listige Mittel und Wege nach, um zum Zweck leicht zu gelangen. Jedoch kommt es auch vor, daß sie offen und mit Gewalt ihren Zweck verfolgen.
