Vierter Artikel. Die Wiedererstattung dessen, was jemand direkt nicht weggenommen hat, sondern was aus seinem Unrechte gefolgt ist.
a.) Mancher muß auch das wiedererstatten, was er nicht weggenommen hat. Denn: I. Wer jemandem Schaden zufügt, muß letzteren entfernen. Wenn nun einer z. B. den Samen wieder ausgräbt, der bereits im Acker eines anderen in den Boden geworfen worden, der schädigt diesen für die ganze zukünftige Ernte; und so muß er diese ersetzen, die er direkt nicht weggenommen. II. Wer das Geld des Gläubigers behält über den festgesetzten Zeitpunkt hinaus, der hindert den Gewinn, welchen jener damit machen konnte. Also muß er Geld wiedererstatten, welches er nicht genommen. III. Gott ist unser Vorbild. Er aber verlangt, daß man Ihm mehr erstatte, als Er gegeben, nach Matth. 25.: „Du wußtest, daß ich ernte, wo ich nicht säe, und sammle, wo ich nichts ausgestreut habe.“ Also gilt dies auch für den Menschen. Auf der anderen Seite würde dies kein Gleichmaß sein, daß jemand wiedererstattet, was er nicht genommen hat; und somit würde dies gegen die Gerechtigkeit sich richten.
b) Ich antworte; wer jemanden schädigt, der entzieht ihm das, worin er ihn schädigt. Denn Schaden wird das genannt, was einer minder hat als was er verdiente zu haben. (5 Ethic. 4.) Also ist der Mensch immer gehalten, den Schaden zu ersetzen, den er einem anderen zugefügt. Nun wird jemandem Schaden zugefügt, entweder dadurch daß man ihm das wegnimmt„ was er thatsächlich besitzt; und das muß immer in ganz gleichem Maße ersetzt werden, wie, wer dem anderen etwa sein Haus verbrannt hat, zu ebensoviel im Ersetzen verpflichtet ist, als das Haus wert war; — oder dadurch daß man ihn in der Erreichung dessen hindert, was er erreichen konnte; und darin ist man nicht gehalten, das Gleiche wiederzuerstatten. Denn es ist weniger, etwas erst erreichen können, also nur dem Vermögen und der Kraft nach es haben; wie es thatsächlich und bereits wirklich besitzen. Wer also das Gleiche wiedererstattete, daß nun der betreffende jenes thatsächlich besäße, was er nur dem Vermögen oder der Kraft nach besaß, würde mehr geben als er genommen. Jedoch ist er immerhin zu einer gewissen Schadloshaltung verpflichtet gemäß dem Sachverhalte und den persönlichen Verhältnissen.
c) I. und II. Wer gesäet hat, besitzt noch nicht die Ernte; und wer das Geld hat, besitzt noch nicht thatsächlich den Gewinn. Beides kann vielfach gehindert werden. Also folgt bloß eine gewisse Schadloshaltung und nicht ein Wiedererstatten des thatsächlichen Wertes. III. Gott verlangt vom Menschen nur das Gute, was Er in uns gesäet hat. Also gelten diese Worte entweder nach der Meinung des faulen Knechtes, der da glaubte, nichts empfangen zu haben mit seinem eigenen Talente; oder es wird darunter verstanden, daß Gott von uns die Früchte seiner Gaben fordert, welche von Ihm und von uns kommen, obgleich die Gaben selber von Gott sind.
