Fünfter Artikel. Jenem muß man wiedererstatten, dem man etwas entzogen hat.
a) Dies scheint nicht recht zu sein. Denn: I. Manchmal würde es dem betreffenden zum Schaden gereichen, wenn man das ihm Entnommene ihm selber wiedererstattete; wie z. B. wenn man einem rasenden das Schwert wiedergäbe. II. Wer unerlaubtermaßen etwas gegeben, verdient nicht, es wiederzuerhalten. Bisweilen aber giebt jemand unerlaubtermaßen und der andere empfängt unerlaubtermaßen; wie bei Gaben zum Zwecke der Bestechung oder des Ämterkaufes, der Simonie. III. Manchmal ist es unmöglich, dem bestohlenen selber wiederzuerstatten; z. B. wenn er tot ist. IV. Mehr muß jemand denen entgelten, von welchen er eine größere Wohlthat erhalten hat. Von den Eltern z. B. aber hat einer größere Wohlthaten empfangen als von den Gläubigern. Also muß er zuerst solchen Personen beistehen, ehe er den Gläubigern oder ähnlichen Personen, denen er etwas entnommen, wiedererstattet. V. Unnütz ist es, wiederzuerstatten, wenn das Wiedererstattete von neuem in die Hände des wiedererstattenden kommt. Hat aber ein kirchlicher Vorsteher ungerechtermaßen seiner Kirche etwas genommen und wiedererstattet er nun es ihr; so kommt es wieder in seine Hände, da er ja die Güter dieser Kirche verwaltet. Also darf er nicht jener Kirche wiedererstatten, welcher er etwas genommen hat. Und so muß man nicht immer jenem wiedererstatten, dem man etwas weggenommen hat. Auf der anderen Seite heißt es Röm. 13.: „Gebet jedem, was ihr schuldet.“
b) Ich antworte; das Wiedererstatten ist ein Zurückgehen zum Gleichmaße der Tauschgerechtigkeit. (Kap. 58, Art. 10.) Solches Gleichmaß in den Dingen aber kann nicht statthaben, wenn nicht jenem, der zu wenig hat als er haben muß und ihm gehört, gegeben würde was fehlt. Deshalb also ist es notwendig, daß jenem wiedererstattet wird, von dem man etwas entnommen hat.
c) I. Bringt das Wiedererstatten einer Sache Gefahr mit sich für jenen, dem wiedererstattet wird, so darf sie nicht zurückgegeben werden; denn die Wiedererstattung soll zum Nutzen des beschädigten dienen. Aber damit ist nicht gesagt, man dürfe die betreffende Sache sich aneignen; sondern entweder muß man mit dem Wiedererstatten warten bis zu einer gelegenen Zeit oder man muß die Sache einem anderen geben, der sie zuverlässiger aufbewahrt. II. Es kann 1. die Schenkung selber ungesetzmätzig sein, wie dies bei dem Kaufe geistiger Ämter, bei der Simonie der Fall ist; da muß der den Preis gegeben hat denselben verlieren und man soll diesen Preis für fromme Zwecke verwenden, da der andere, der ihn empfangen, ihn auch gegen die Gesetze empfangen hat. Die Schenkung kann 2. unerlaubt sein, weil man um einer verbotenen Sache willen etwas giebt; wie bei jenem es der Fall ist, der bezahlt, um unkeusche Sünden zu begehen. Hier ist die Gabe selber nicht unerlaubt und deshalb kann das betreffende Weib sie behalten; abgesehen vom Falle, wenn das letztere durch Trug und List etwas herausgeschlagen hätte. III. Ist derjenige, dem man erstatten soll, ganz und gar unbekannt, so muß man wiedererstatten nach Möglichkeit; indem man nämlich Almosen giebt für sein Seelenheil (mag er tot oder lebendig sein). Jedoch muß man vorher sorgsam Nachfrage halten nach der Person, um die es sich handelt. Ist aber die betreffende Person selbst gestorben und lebt deren Erbe, so muß man diesem wiedererstatten, der gewissermaßen diese selbe Person ist, zumal in Vermögensverhältnissen. Ist die betreffende Person aber sehr entfernt, so muß das ihr zugehörige Gut, zumal wenn dasselbe wertvoll ist, ihr zugesandt oder es muß an einem zuverlässigen Orte aufbewahrt werden, nachdem dies dem Besitzer angezeigt worden. IV. Mit dem, was ihm gehört, muß der Mensch in höherem Grade seinen Eltern wohlthun; nicht aber mit fremdem Gute, abgesehen vom äußersten Notfalle, wo man sogar fremdes Gut wegnehmen kann, um dem Vater zu helfen. “ V. Ein kirchlicher Vorsteher kann sich den Besitz, welcher seiner Kirche zugehört, ungerechterweise aneignen: 1. wenn er das, was seitens der Kirche einem anderen zugewiesen worden, für sich in Anspruch nimmt, wie z. B. der Bischof das, was dem Kapitel zugewiesen ist; und dann muß er offenbar diesem, dem es gehört, wiedererstatten; — 2. wenn er, was der Kirche gehört in den Besitz eines anderen z. B. eines Blutsverwandten, übergehen läßt; und dann muß er der Kirche wiedererstatten und Sorge tragen, dah sein Nachfolger in defsen Besitz kommt; — 3. wenn er nur die Absicht nährt, das Kirchengut als sein persönliches Eigentum zu betrachten; und dann muh er wiedererstatten, indem er eine solche Absicht aufgiebt.
