Siebenter Artikel. Die zum Unrecht mitgeholfen, sind ebenfalls zum wiedererstatten verpflichtet, wenn sie auch nichts für sich selber genommen haben.
a) Dagegen spricht: I. Keiner darf gestraft werden, der nicht gesündigt hat. Das Wiedererstatten aber ist eine gewisse Strafe. Also darf niemand wiedererstatten, der nichts genommen hat. II. Die Gerechtigkeit verlangt nicht, daß man den Besitzstand des anderen vermehrt. Würden aber auch jene zum Wiedererstatten verpflichtet sein, welche wie auch immer beim Wegnehmen geholfen haben, so würde der Besitz dessen, dem weggenommen worden ist, vermehrt werden; denn sowohl würde eben so viele Male die Wiedererstattung geschehen als auch würde im Falle, daß man versucht hat, das betreffende Gut fortzunehmen, und dies nicht gelungen ist, dennoch das Wiedererstatten geschehen müssen. III. Keiner hat notwendig, sich der Gefahr auszusetzen, damit er einen anderen rette. Wenn aber jemand einen Räuber verrät oder sich ihm widersetzt, setzt er sich der Gefahr aus. Also ist niemand zum Wiedererstatten verpflichtet, weil er einen Räuber nicht verraten oder sich ihm nicht widersetzt hat, somit also dazu mithalf, um den anderen seines Gutes zu entledigen. Auf der anderen Seite sagt Paulus (Röm. 1.): „Des Todes, schuldig sind nicht nur jene, die Solches thun, sondern auch die denen zustimmen, welche Solches thun.“ Also müssen auch jene, die mithelfen, und somit zustimmen, Ersatz leisten.
b) Ich antworte, zum Wiedererstatten sei jemand gehalten nicht nur auf Grund des fremden Gutes, welches er besitzt, sondern auch auf Grund des unrechtmäßigen Ansichnehmens. Wer auch immer also Ursache eines solchen unrechtmäßigen Ansichnehmens ist, der ist zum Wiedererstatten gehalten. Eine solche Ursache nun kann jemand unmittelbar oder mittelbar sein. Unmittelbar: wenn er den anderen zum Ansichnehmen verleitet entweder 1. von seiten des Ansichnehmens selber
a) durch Befehlen,
b) durch Anraten,
c) durch ausdrückliches Zustimmen und Loben; — oder 2. von seiten des ansichnehmenden, indem er diesen
a) bei sich aufnimmt oder ihm
b) wie auch immer Hilfe bringt; — oder 3. von seiten des genommenen Gutes, weil er am Diebstahle teilgenommen gleichsam als Genosse. Mittelbar kann ferner jemand Ursache des ungerechten Ansichnehmens sein, 1. wann jemand dasselbe nicht hindert, da er müßte und könnte; 2. weil er den Rat oder Befehl vorenthält, der den Diebstahl oder Raub gehindert hätte; oder 3. weil er seinen Beistand vorenthält, mit dem er das Ansichnehmen hätte verhüten können; oder 4. weil er das fremde Gut nachher verbirgt. Diese Beihilfe besteht also, kurz zusammengefaßt im Befehlen, Raten, Zustimmen, Loben, Zuflucht geben, Teilnehmen, Stummsein, Nichthindern, Nichtoffenbarmachen; oder lateinisch in Versen: Jussio, consilium, consensu, palpo, recursus, Participans, mutus, non obstans, non manifestans. Von diesen Arten Beistand verpflichten nun fünf immer zum Wiedererstatten; nämlich 1. der Befehl; denn der befehlende ist der hauptsächlich bestimmende und somit in erster Linie zur Wiedererstattung anzuhalten; — 2. das Zustimmen in dem, ohne was der Raub nicht ausgeführt werden kann;— 3. die Gewährung einer Zuflucht den Räubern gegenüber; — 4. die Teilnahme am Rauben und an der Beute; — 5. das Nichthindern von seiten desjenigen, der gehalten ist, es zu hindern; wie die Fürsten z. B., welche verpflichtet sind, die Gerechtigkeit auf Erden zu behüten, wenn infolge ihrer Schwäche das Räuberunwesen überhandnimmt, zur Wiedererstattung gehalten sind; denn die Einkünfte, welche sie haben, sind dazu bestimmt, daß diese Fürsten die Gerechtigkeit aufrechthalten. In den anderen Fällen aber ist jemand nicht immer verpflichtet, wiederzuerstatten. Denn das Lob oder das Schmeicheln oder das Anraten ist nicht immer die wirksame Ursache des Raubes. Nur dann wenn daraus nach gerechter Mutmaßung der Raub gefolgt ist, besteht die Pflicht der Wiedererstattung.
c) I. Nicht nur wer die Sünde ausführt sündigt, sondern wer von dieser Ausführung durch Rat, Befehl etc. die Ursache ist. II. Wer der Hauptträger der ungerechten That ist, der ist auch an leitender Stelle zur Wiedererstattung verpflichtet; zuerst der befehlende, dann der ausführende und dann der Reihe nach die folgenden. Hat aber einer bereits die Wiedererstattung gemacht, so sind die anderen zu dieser selben Wiedererstattung nicht mehr verpflichtet; vielmehr müssen die anderen, welche die Leiter in der Ungerechtigkeit gewesen sind, denen dann wiedererstatten, welche wiedererstattet haben. Befiehlt jedoch jemand solche Ungerechtigkeit und hat das widerrechtliche Ansichreißen thatsächlich nicht statt, so ist er nicht verpflichtet, wiederzuerstatten; da der andere thatsächlich nicht beschädigt worden, also nicht schadlos zu halten ist. III. Nur wenn es die Pflicht erheischt, daß jemand den Räuber offenbarmacht oder ihm widersteht etc. und er es nicht thut, ist er zur Wiedererstattung verpflichtet; wie z. B. bei Fürsten es der Fall ist, die verpflichtet sind, über die Gerechtigkeit zu wachen, und denen daraus keine große Gefahr erwächst.
