Erster Artikel. Alle sind gehalten, die Taufe zu empfangen.
a) Dagegen spricht Folgendes: I. Christus hat den Weg des Heiles nicht eingeengt. Vor Ihm aber konnte man ohne Taufe selig werden; also auch nach Ihm. II. Die Taufe ist besonders das Heilmittel gegen die Erbsünde. Wer aber keine Erbsünde hat, kann eine solche nicht weiter fortpflanzen. Also bedürfen die Kinder der getauften keiner Taufe. III. Durch die Taufe wird man rein von Sünden. Dessen bedürfen aber jene nicht, die im Mutterleibe geheiligt worden sind. Also bedürfen diese keiner Taufe. Auf der anderen Seite sagt der Herr selbst (Joh. 3.): „Wer nicht wiedergeboren ist aus dem Wasier und dem heiligen Geiste, kann nicht eintreten in das Himmelreich,“ wozu der lib eccl. dogm. bemerkt (c. 74.): „Wir glauben, nur für die getauften sei offen der Weg zum Himmel.“
b) Ich antworte, dazu seien die Menschen verpflichtet, ohne was sie die Seligkeit nicht erlangen können. Niemand aber kann selig werden ausser durch Christum, nach Röm. 5.: „Wie aus einer einzigen Sünde die Verdammnis für alle gefolgt ist, so gereicht die Gerechtigkeit eines einzigen Menschen allen zur Rechtfertigung für das ewige Leben.“ Dazu aber wird die Taufe gegeben, daß jemand, wiedererzeugt, Glied am Leibe Christi werde, nach Gal. 3.: „Wer auch immer ihr in Christo getauft seid, ihr habt Christum angezogen.“ Also ist jeder, wenn er selig werden will, gehalten zur Taufe.
c) I. Niemals konnten die Menschen anders selig werden wie als Glieder Christi; denn „es ist kein anderer Name gegeben, in welchem die Menschen selig werden könnten“ (Act. 4.). Vor der Ankunft Christi aber wurden sie selig durch den Glauben an die Ankunft des künftigen Christus; und das „Merkmal dieses Glaubens“ (Röm. 4.) war die Beschneidung. Bevor nun diese eingesetzt ward, wurden sie selig durch den Glauben allein, nach Gregor (4. moral. 3.), indem die Menschen durch Darbringen von Opfern, durch die sie ihren Glauben bekannten, Christo eingegliedert wurden. Nach der Ankunft Christi aber werden sie auch Glieder Christi durch den Glauben (Ephes. 3, 17.); dieser wird jedoch offenbart durch ein anderes Zeichen, weil er auf etwas bereits Geschehenes und nicht auf etwas Zukünftiges sich richtet. Andere Zeichen nämlich dienen der Gegenwart und andere der Zukunft. So war also das Sakrament der Taufe an sich nicht immer notwendig. Aber der Glaube, dessen Sakrament die Taufe ist, war immer notwendig. II. Die Erneuerung in der Taufe geschieht gemäß dem Geiste; der Körper aber bleibt untergeben der alten Sünde, nach Röm. 8.: „Der Körperzwar ist tot wegen der Sünde; der Geist aber lebt auf Grund der Rechtfertigung.“ Deshalb sagt auch Augustin (6. cont. Julian. 17.): „Es wird nicht Alles getauft, was im Menschen ist.“ Der Mensch aber zeugt der fleischlichen Zeugung nach nicht gemäß dem Geiste, sondern gemäß dem Fleische. Die Kinder der getauften also werden mit der Erbsünde geboren und bedürfen sonach der Taufe. IV. Durch die Heiligung im Mutterleibe erlangen die betreffenden zwar die Gnade und somit die Reinigung von der Erbsünde. Nicht aber erlangen sie den sakramentalen Charakter, wodurch sie Christo gleichförmig werden; und somit bedürften sie, auch wenn dies jetzt geschähe, noch immer der Taufe.
