Fünfter Artikel. In der Taufe werden keine Bußwerke als Genugthuung aufgelegt.
a) Dies ist unzulässig. Denn: I. Jeder Sünde gebührt nach der Gerechtigkeit Gottes Strafe, nach Ekkle. ult. „Alles, was geschieht, wird Gott vor seinen Richterstuhl ziehen.“ Also muß den Täuflingen für die vergangenen Sünden als Strafe eine Buße ausgelegt werden. II. Durch genugthuende Werke werden die neubekehrten zur Gerechtigkeit ermuntert und es werden ihnen dadurch die Gelegenheiten zur Sünde zudem entzogen. Denn Genugthuen heißt die Ursachen der Sünden herausreißen und den Sünden keinen Zutritt geben. Dies ist aber im höchsten Grade notwendig den neugetauften. Also müssen denselben Bußrverke aufgegeben werden. III. Gott muß der Mensch ebenso genugthun wie dem Nächsten gegenüber. Dem Nächsten aber müssen die getauften den Schaden ersetzen, den sie ihnen etwa verursacht. Also müssen sie auch Gott gegenüber Genugthuung leisten. Auf der anderen Seite erklärt Ambrosius zu Röm. 11. (sine poenitentia sunt dona et vocatio Die): „Die Gnade Gottes verlangt imneugetauften kein Seufzen, kein Klagen, kein Werk, sondern nur den Glauben und verzeiht Alles ohne jedes Entgelt.“
b) Ich antworte; daß wir „im Tode Christi getauft werden und mit Ihm durch die Taufe begraben sind in den Tod“ (Röm. 6.) Der Tod Christi aber, dem der Mensch durch die Taufe eingegliedert wird, war hinreichende Genugthuung „für die Sünden der ganzen Welt, nicht für die unsrigen allein“ (1. Joh. 2.). Also hieße die Verpflichtung zu einer Genugthuung bei der Taufe nichts Anderes, als unrecht thun der Kraft des Todes Christi; als ob dieser nicht voll für die Sünden genuggethan hätte.
c) I. Die getauften „werden dem Tode Christi eingegliedert“ (Aug. l. de bapt. parvulor. seu de peccat. mer. et rem.). Die Strafe also, die Christus für uns auf sich nehmen wollte, war die Genugthuung für die Sünden der getauften, wie die Strafe des einen Gliedes genugthuend sein kann für die Sünden des anderen. Deshalb heißt es Isai. 53.: „Unsere Krankheiten hat wahrhaft Er getragen und unsere Schmerzen hat Er auf Sich genommen.“ II. Die neugetauften sind nicht durch Strafe zur Gerechtigkeit anzuleiten, sondern durch leichte Werke: „Wie mit der Milch einer leichteren Übung mögen sie genährt werden, um zum Vollkommeneren fortzuschreiten“ (Glosse zu Ps. 30.). Deshalb hat auch der Herr die neubekehrten Jünger entschuldigt, weil sie nicht fasteten (Mark. 2 ). Und 1. Petr. 2. heißt es: „Wie neugeborene Kinder verlanget nach Milch, damit ihr wachset zu euerem Heile.“ III. Ungerechtes Gut behalten und das dem. Nächsten angethaene Unrecht nicht gut machen, heißt eben: noch in der Sünde verbleiben wollen. Also gehört dies dazu, daß man bei der Taufe aufhören muß zu sündigen. Damit ist nicht gesagt, daß die neugetauften für die vergangenen Sünden genugthun müssen.
