Neunter Artikel. Über die Kindertaufe.
a) Kinder sollen nicht getauft werden. Denn: I. Im Täuflinge muß die Absicht sein getauft zu werden, die in Kindern nicht ist. II. Die Taufe ist das Sakrament des Glaubens. Die Kinder aber haben keinen Glauben, da dieser im Wollen besteht (Aug. de praed. sanctor. 5.). Sie werden auch nicht gerettet im Glauben der Eltern, denn diese sind oft ungläubig. III. Nach I. Petr. 3. „macht den Menschen die Taufe heil; nicht das Ablegen fleischlichen Schmutzes, sondern das Suchen nach Gott eines guten Gewissens.“ Die Kinder aber haben nicht den freien Gebrauch ihrer Vernunft und somit kein „gutes Gewissen“. Auf der anderen Seite schreibt Dionyfius (ult. c. de eccl. hier.): „Unsere von Gott gegebenen Lehrer haben es für gut erachtet, daß die Kinder zur Taufe zugelassen werden.“
b) Ich antworte, „wie“ nach Röm. 5. „der Tod herrschte durch die Sünde eines einzigen, so werden weit mehr die da empfangen die Gnade und das Geschenk und die Gerechtigkeit in überfließender Weise im Leben herrschen durch Jesum Christum.“ Nun erben die Kinder die Sünde Adams, was daraus hervorgeht, daß sie dem Tode unterworfen sind, der durch die Sünde auf alle überging. Also können die Kinder um so mehr es empfangen durch Christum, daß sie herrschen im ewigen Leben. Denn „wer nicht wiedergeboren ist aus dem Wasser und dem heiligen Geiste, kann nicht eintreten in den Himmel.“ Wie also die Kinder durch Adam der Verdammnis schuldig werden, so erhalten sie durch Christum das Heil. Es war auch zukömmlich, daß die Kinder getauft würden, damit sie, von Kindheit an im frommen christlichen Leben geistig genährt, beharrlicher in demselben seien, nach Prov. 22.: „Der Jüngling geht seinen Weg; auch wenn er alt wird, wird er nicht davon lassen“ (vgl. Dionys. l. c.).
c) I. Die geistige Wiedererzeugung ist ähnlich der fleischlichen. Wienämlich die Kinder im Mutterleibe nicht selbständig für sich Nahrung empfangen, sondern an der Nahrung der Mutter teilnehmen; so empfangen die Kinder, wie im Mutterleibe der Kirche, nicht selbständig, durch eigenen Willensakt, das Heil, sondern durch den Akt der Kirche. Deshalb schreibt Augustin (1. de pecc. mer. et rem. 25.): „Die Kirche bietet als Mutter gleichsam ihren Mund den Kindern, daß sie Anteil nehmen an den heiligen Geheimnissen, weil sie noch nicht mit eigenem Herzen glauben können zur Gerechtigkeit und mit eigenem Munde noch nicht bekennen können zum Heile“ (Röm. 11.). Und (c. 19.): „Wenn sie deshalb mit Recht gläubige genannt werden, weil sie ihren Glauben durch die Worte derer, die sie aus der Taufe heben, bekennen; warum sollen sie nicht als reuige betrachtet werden, die da durch den Mund dieser selben entsagen dem Teufel und seinen Werken und seinem Pompe.“ Und so kann ihnen auch die Absicht zugeschrieben werden; nicht kraft des eigenen Aktes der Absicht, schreien sie doch manchmal bei der Taufe, sondern kraft der Absicht derer, die sie darbieten. II. „Wie die kleinen ohne ihr Zuthun von anderen die Sünde geerbt haben, so glauben die kleinen in der Kirche Gottes durch andere;“ schreibt Augustin an Bonifacius (lib. 1. c. 22.). Ihr Heil wird auch nicht dadurch gehindert, daß die Eltern ungläubig sind. Denn, schreibt Augustin (ep. 98.), „die kleinen werden, um geistige Gnaden zu erhalten, dargebracht nicht so sehr von denen, die sie tragen (obgleich ebenfalls von diesen, wenn sie gute gläubige sind), als von der ganzen Versammlung der heiligen und gläubigen. Mit Recht nämlich sagt man, sie würden von allen dargebracht, da es diesen gefällt, daß sie dargebracht werden, durch deren heilige Liebe sie zur Gemeinschaft des heiligen Geistes hinzugefügt werden.“ Der Unglaube der eigenen Eltern aber, wenn auch diese nach der Taufe sie mit den dem Teufel dargebrachten Opfern in Berührung bringen, schadet den kleinen nichts. Denn „das einmal durch den fleischlichen Willen erzeugte Kind kann gegen seinen eigenen Willen nicht unter der Fessel fremder Bosheit leiden, wenn es einmal wiedererzeugt worden ist im Geiste durch den geistigen Willen anderer“ (l. c.). Denn wie, nach Ezech. 18. „die Seele des Vaters in meiner Gewalt ist, so auch die Seele des Sohnes; die Seele, die gesündigt hat, sie, soll sterben.“ „Deshalb“ (l. c.) „erbte aber das Kind das durch die sakramentale Gnade Getilgte von Adam, weil es noch nicht eine für sich selbständig waltende Seele als Princip des Lebens hatte.“ Der Glaube der ganzen Kirche und auch eines einzelnen nützt dem Kinde kraft der Wirksamkeit des heiligen Geistes, der die Einheit der Kirche ist und das Gute des einen dem anderen zuteilt. III. Wie das betreffende Kind durch andere glaubt, so bekennt es auch, gefragt, den Glauben der Kirche durch den Mund anderer. Ein gutes Gewissen aber erhält das Kind zudem für sich felbst; freilich nicht der thatsächlichen Wirksamkeit nach, sondern gemäß dem Zustande durch die heiligmachende Gnade.
