2. Daß Pelagius in Rom Anhänger gefunden und sich der im Oriente erschlichenen Lossprechung rühmt.
Wir hörten nemlich, daß in Rom, wo Jener1 lange lebte, Einige aus verschiedenen Gründen ihm anhängen, die Einen, weil er sie zu seiner Lehre beredet haben soll,2 die S. 142 Mehrzahl aber glaubt nicht, daß er Solches denkt, vorzüglich weil er sich der im Orient, seinem Aufenthalte, gepflogenen kirchlichen Verhandlungen rühmt, durch welche er als gerechtfertigt gilt. Haben ihn nun dort die Bischöfe für katholisch erklärt, so muß man glauben, daß es nur deßwegen geschehen sei, weil er sagte, er bekenne die Gnade Gottes, und daß der Mensch durch seine Mühe und seinen Willen insoferne gerecht leben könne, daß er nicht leugnete, er werde hiezu durch die Gnade Gottes unterstützt. Denn unter diesen Worten konnten die katholischen Bischöfe keine andere Gnade Gottes verstehen, als die sie gewohnt sind in den Büchern Gottes zu lesen und den Gemeinden Gottes zu predigen, die nemlich, von welcher der Apostel sagt:3 "Ich halte die Gnade Gottes nicht für eitel; denn wenn die Gerechtigkeit durch das Gesetz (gewirkt wird) dann ist Christus umsonst gestorben," jene Gnade ohne Zweifel, durch welche wir von der Sünde gerechtfertigt und von der Schwachheit befreit werden, nicht aber jene, durch welche wir mit eigenem Willen erschaffen sind. Denn hätten jene Bischöfe gewußt, er verstehe darunter jene Gnade, welche wir mit den Gottlosen gemein haben, da wir so wie sie Menschen sind, leugne aber jene, durch welche wir Christen und Kinder Gottes sind, welcher katholische Priester würde ihn, wir sagen nicht geduldig anhören, sondern nur vor seinen Augen dulden? Deßhalb sind nicht die Richter zu beschuldigen, weil sie nach kirchlicher Gewohnheit den Namen der Gnade gehört haben, ohne zu wissen, was derlei Menschen entweder in den Büchern ihrer Lehre oder in den Ohren der Ihrigen auszustreuen pflegen.
