Übersetzung
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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
15. Adam hat durch seine Sünde Gott verlassen, ehe Gott ihn verließ, und der erste Tod der Seele bestand in der Abkehr von Gott.
„Des Todes werdet ihr sterben“, sprach Gott; es heißt nicht: mehrerer Tode werdet ihr sterben; und so mögen wir dabei lediglich an den Tod denken, der Band 16, S. 710bewirkt wird, wenn die Seele von ihrem Leben verlassen wird, das für sie Gott ist (sie ist indes nicht verlassen worden und hat nachher verlassen, sondern sie hat verlassen mit der Wirkung, daß sie verlassen worden ist; denn wo es sich um ihr Unheil handelt, ist ihr eigener Wille der vorgängige; dagegen wo es sich um ihr Wohl handelt, ist der Wille ihres Schöpfers der vorgängige, sei es um sie zu schaffen, da sie nicht vorhanden war, sei es um sie wiederherzustellen, weil sie durch ihren Fall zugrunde gegangen war). Wir mögen also immerhin nur dieses Todes Ankündigung erblicken in der Drohung: „An welchem Tage ihr davon esset, werdet ihr des Todes sterben“, etwa als wenn es hieße: An welchem Tage ihr mich verlasset aus Unbotmäßigkeit, werde ich euch verlassen aus Gerechtigkeit. Gleichwohl sind auch die übrigen Tode, die ohne Zweifel folgen sollten, in jenem einen angekündigt. Darin nämlich, daß unbotmäßige Regung im Fleische der unbotmäßigen Seele entstand, wie sich in der Bedeckung der Schamteile äußerte, machte sich der eine Tod bemerkbar, der, bei dem Gott die Seele verläßt. Er ist angedeutet in den Worten, die Gott an den in sinnverwirrter Angst sich verbergenden Menschen richtete1: „Adam, wo bist du?“ Er fragte natürlich nicht aus Unkenntnis, sondern tadelnd und mahnend, damit sich Adam besinne, wo er wäre, da Gott nicht mehr in ihm war. Als die Seele sodann den durch die Zeit geschwächten und vom Alter gebrochenen Leib verließ, machte der Mensch Bekanntschaft mit dem andern Tod, den Gott im Auge hatte, als er, ebenfalls zur Strafe für die Sünde, zu dem Menschen sprach2: „Staub bist du und zu Staub sollst du werden“. So wurde also durch diese beiden Tode der erste Tod vollständig, der den ganzen Menschen umfaßt und dem dann von selbst zuletzt der zweite Tod folgt, wenn der Mensch nicht durch die Gnade erlöst wird. Denn der Leib, der von der Erde genommen ist, kann zur Erde nur zurückkehren durch seinen eigenen Tod, der bei ihm erfolgt, wenn sein Leben, d. i. die Seele von ihm scheidet. Daher gilt Band 16, S. 711es bei den Christen, die den wahrhaft katholischen Glauben festhalten, für ausgemacht, daß auch der leibliche Tod aus Schuld der Sünde verhängt worden ist, nicht nach Naturgesetz, da Gott nicht durch ein solches dem Menschen den Tod bestimmt hat. Vielmehr sprach er im Zusammenhang mit der Strafe für die Sünde zu dem Menschen, in welchem wir alle uns damals befanden: „Staub bist du und zu Staub sollst du werden“.
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XV: Quod Adam peccaturus prius ipse reliquerit deum, quam relinqueretur a deo, et primam fuisse animae mortem a deo recessisse.
Quamobrem etiamsi in eo quod dictum est: morte moriemini, quoniam non est dictum: mortibus, eam solam intellegamus, quae fit cum anima deseritur sua uita, quod illi deus est - non enim deserta est ut desereret, sed ut desereretur deseruit; ad malum quippe eius prior est uoluntas eius; ad bonum uero eius prior est uoluntas creatoris eius; siue ut eam faceret, quae nulla erat, siue ut reficiat, quia lapsa perierat, - etiamsi ergo hanc intellegamus deum denuntiasse mortem in eo quod ait: qua die ederitis ex illo, morte moriemini, tamquam diceret: qua die me deserueritis per inoboedientiam, deseram uos per iustitiam, profecto in ea morte etiam ceterae denuntiatae sunt, quae procul dubio fuerant secuturae. nam in eo, quod inoboediens motus in carne animae inoboedientis exortus est, propter quem pudenda texerunt, sensa est mors una, in qua deseruit animam deus. ea significata est uerbis eius, quando timore dementi sese abscondenti homini dixit: Adam, ubi es? non utique ignorando quaerens, sed increpando admonens, ut adtenderet ubi esset, in quo deus non esset. cum uero corpus anima ipsa deseruit aetate corruptum et senectute confectum, uenit in experimentum mors altera, de qua deus peccatum adhuc puniens homini dixerat: terra es et in terram ibis; ut ex his duabus mors illa prima, quae totius est hominis, conpleretur, quam secunda in ultimo sequitur, nisi homo per gratiam liberetur. neque enim corpus, quod de terra est, rediret in terram nisi sua morte, quae illi accidit, cum deseritur sua uita, id est anima. unde constat inter Christianos ueraciter catholicam tenentes fidem etiam ipsam nobis corporis mortem non lege naturae, qua nullam mortem homini deus fecit, sed merito inflictam esse peccati, quoniam peccatum uindicans deus dixit homini, in quo tunc omnes eramus: terra es et in terram ibis.