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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
19. Auseinandersetzung mit den Lehrmeinungen derer, die die ersten Menschen, falls sie nicht gesündigt hätten, nicht für unsterblich halten und den Seelen im Ewigkeitszustande die Verbindung mit Leibern absprechen.
Nun wollen wir die Erörterung über den Leib der ersten Menschen wieder aufnehmen und weiterführen; ihn hätte jener Tod, der sich für die Guten gut erweist und nicht etwa nur wenigen Einsichtsvollen oder nur den Gläubigen, sondern allen gar wohl bekannt ist, jener Tod, durch den die Trennung der Seele vom Leibe herbeigeführt wird, und so jedenfalls der Leib des Lebewesens, der augenscheinlich lebte, augenscheinlich abstirbt, er hätte den Leib der ersten Menschen nicht getroffen, wenn er nicht als Strafe der Sünde erfolgt wäre. Mögen immerhin die Seelen der Gerechten und Frommen, woran man nicht zweifeln darf, ihr Leben in der Ruhe hinbringen, so wäre es doch besser für sie, in der Verbindung mit ihren wohlbehaltenen Leibern zu leben; werden ja selbst die, welche in allweg ohne Leib zu sein für das Glückseligste erachten, durch einen Widerspruch in ihrer Meinung Lügen gestraft. Keiner von ihnen würde sich getrauen, die weisen Menschen, gleichviel ob dem Tod eine Zukunftsbeute oder schon gestorben, d. h. ob des Leibes ledig oder dereinst erst vom Leibe scheidend, über die unsterblichen Götter zu stellen, denen nach Plato der höchste Gott ein ungemein großes Gnadengeschenk verheißt, unauflösliches Leben nämlich, d. i. ewig dauernde Gemeinschaft mit ihren Leibern. Und vortrefflich stehe es, meint Plato, um die Menschen, vorausgesetzt, daß sie das irdische Leben fromm und gerecht hingebracht haben, indem sie nach der Trennung von ihrem eigenen Leibe in den Schoß der Götter aufgenommen würden, die ihren Leib niemals verlassen,
„Und erinnerungslos aufs neu das Gewölbe des Himmels
Band 16, S. 720Schauen und wieder zurück in Leiber zu wandern verlangen,
wie sich Vergil im Anschluß an die platonische Lehre ausdrückt [nach Platos Ansicht können nämlich die Seelen der Sterblichen nicht immerfort in ihren eigenen Leibern verharren, sondern werden durch den unvermeidbaren Tod von ihnen getrennt, können aber auch nicht ewig ohne Leiber bleiben, sondern abwechslungsweise werden unablässig die Toten zu Lebenden und die Lebenden zu Toten1. Von den übrigen Menschen würden sich also die Weisen darin unterscheiden, daß sie nach dem Tode in Gestirne versetzt werden. Dort würde jeder eine Zeitlang in dem ihm entsprechenden Sterne ruhen und dann abermals, der Erinnerung an das frühere Elend bar und von dem Verlangen nach dem Besitz eines Leibes überwältigt, zu den Mühen und Beschwernissen der Sterblichen zurückkehren. Dagegen würden die Toren sofort nach dem Tode in Leiber zurückversetzt, wie sie ihren Mißverdiensten entsprächen, seien es Menschen- oder Tierleiber. Plato hat demnach sogar den guten und weisen Seelen, da ihre Leiber nicht derart sind, um immerfort und ewig in Verbindung damit leben zu können, das harte Los zugewiesen, weder in ihren Leibern verharren noch ohne sie in ewiger Reinheit bleiben zu können. Von dieser Lehre Platos war schon früher die Rede2 und es wurde da ausgeführt, wie Porphyrius sich ihrer schämte angesichts der christlichen Zeitströmung und nicht nur mit den Tierleibern für Menschenseelen aufräumte, sondern auch die Seelen der Weisen von der Verbindung mit dem Körperhaften so gänzlich befreit wissen wollte, daß sie, jeglichen Leib meidend, glückselig beim Vater ohne Ende behalten würden. Er hat also, um nicht von Christus besiegt zu erscheinen, der den Heiligen ewiges Leben verheißt, auch seinerseits den gereinigten Seelen ihren Platz angewiesen in ewiger Seligkeit ohne Rückkehr zu dem früheren Elend; und hat zugleich, um sich in Gegensatz zu Christus zu setzen, die Auferstehung unverweslicher Leiber in Abrede gestellt und behauptet, Band 16, S. 721die Seelen würden ewig leben ohne irdischen, ja überhaupt ohne jeglichen Leib. Dabei hat er aber andrerseits nicht verboten, daß sich die Seelen den mit Leibern behafteten Göttern in religiöser Verehrung unterwerfen. Offenbar nur deshalb, weil er sie, obwohl mit keinem Körper verbunden, doch nicht für besser hielt als die Götter. Wenn sie sich also die menschlichen Seelen nicht über die glückseligen und gleichwohl in ewigen Leibern befindlichen Götter zu stellen getrauen — und sie getrauen sich, denke ich, nicht —, warum dünkt sie dann die Lehre des christlichen Glaubens ungereimt, wonach einerseits die ersten Menschen so erschaffen wurden, daß sie im Fall der Sündelosigkeit durch keinen Tod von ihrem Leibe getrennt worden wären, sondern, zum Lohn für die Wahrung des Gehorsams mit Unsterblichkeit begabt, in Verbindung mit ihrem Leibe ewig gelebt hätten, und andrerseits die Heiligen in der Auferstehung ihren eigenen Leib, worin sie sich hienieden abgemüht haben, in einem Zustand erhalten werden, daß ihrer Leiblichkeit keinerlei Verfall oder Hinderlichkeit begegnen kann und ebensowenig ihrer Glückseligkeit ein Schmerz oder Unheil?
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XIX: Contra eorum dogmata, qui primos homines, si non peccassent, inmortales futuros fuisse non credunt, aeternitatem animarum uolunt carere corporibus.
Nunc de corporibus primorum hominum quod instituimus explicemus; quoniam nec mors ista, quae bona perhibetur bonis nec tantum paucis intellegentibus siue credentibus, sed omnibus nota est, qua fit animae a corpore separatio, qua certe corpus animantis, quod euidenter uiuebat, euidenter emoritur, eis potuisset accidere, nisi peccati meritum sequeretur. licet enim iustorum ac piorum animae defunctorum quod in requie uiuant dubitare fas non sit, usque adeo tamen eis melius esset cum suis corporibus bene ualentibus uiuere, ut etiam illi, qui omni modo esse sine corpore beatissimum existimant, hanc opinionem suam sententia repugnante conuincant. neque enim quisquam audebit illorum sapientes homines, siue morituros siue iam mortuos, id est aut carentes corporibus aut corpora relicturos, dis inmortalibus anteponere, quibus deus summus apud Platonem munus ingens, indissolubilem scilicet uitam, id est aeternum cum suis corporibus consortium, pollicetur. optime autem cum hominibus agi arbitratur idem Plato, si tamen hanc uitam pie iusteque peregerint, ut a suis corporibus separati in ipsorum deorum, qui sua corpora numquam deserunt, recipiantur sinum, scilicet inmemores supera ut conuexa reuisant rursus et incipiant in corpora uelle reuerti; quod Vergilius ex Platonico dogmate dixisse laudatur. ita quippe animas mortalium nec in suis corporibus semper esse posse existimat, sed mortis necessitate dissolui, nec sine corporibus durare perpetuo, sed alternantibus uicibus indesinenter uiuos ex mortuis et ex uiuis mortuos fieri putat; ut a ceteris hominibus hoc uideantur differre sapientes, quod post mortem feruntur ad sidera, ut aliquanto diutius in astro sibi congruo quisque requiescat atque inde rursus miseriae pristinae oblitus et cupiditate habendi corporis uictus redeat ad labores aerumnasque mortalium; illi uero, qui stultam duxerint uitam, ad corpora suis meritis debita siue hominum siue bestiarum de proximo reuoluantur. in hac itaque durissima condicione constituit etiam bonas atque sapientes animas, quibus non talia corpora distributa sunt, cum quibus semper atque inmortaliter uiuerent, ut neque in corporibus permanere neque sine his possint in aeterna duritate durare. de quo Platonico dogmate iam in libris superioribus diximus Christiano tempori erubuisse Porphyrium et non solum ab animis humanis remouisse corpora bestiarum, uerum etiam sapientium animas ita uoluisse de corporeis nexibus liberari, ut corpus omne fugientes beatae apud patrem sine fine teneantur. itaque ne a Christo uinci uideretur uitam sanctis pollicente perpetuam, etiam ipse purgatas animas sine ullo ad miserias pristinas reditu in aeterna felicitate constituit; et ut Christo aduersaretur, resurrectionem incorruptibilium corporum negans non solum sine terrenis, sed sine ullis omnino corporibus eas adseruit in sempiternum esse uicturas. nec tamen ista qualicumque opinione praecepit saltem ne dis corporatis religionis obsequio subderentur. quid ita, nisi quia eas, quamuis nulli corpori sociatas, non credidit illis esse meliores? quapropter, si non audebunt isti, sicut eos ausuros esse non arbitror, dis beatissimis et tamen in aeternis corporibus constitutis humanas animas anteponere, cur eis uidetur absurdum, quod fides Christiana praedicat, et primos homines ita fuisse conditos, ut, si non peccassent, nulla morte a suis corporibus soluerentur, sed pro meritis oboedientiae custoditae inmortalitate donati cum eis uiuerent in aeternum; et talia sanctos in resurrectione habituros ea ipsa, in quibus hic laborauerunt, corpora, ut nec eorum carni aliquid corruptionis uel difficultatis nec eorum beatitudini aliquid doloris et infelicitatis possit accidere?