5.
Wenn ihr aber auch noch den Stern verunglimpft, durch den die Magier zum Christuskind geführt wurden, um es zu verehren, werdet ihr da nicht rot vor Scham, da ihr ja euren erfundenen Christus, den Sohn eures erfundenen Ersten Menschen, zwar nicht unter das Zeugnis des Sterns stellt, aber ihn dafür in sämtlichen Sternen gefesselt sein lässt? Denn ihr glaubt ja, dass sich euer Erster Mensch in jenem Krieg, in dem er persönlich gegen das Reich der Finsternis kämpfte, mit den Fürsten der Finsternis vermischt habe, damit aus eben diesen Fürsten der Finsternis, durch solcherart Vermischung gefangengesetzt, der Kosmos erbaut würde. Also zwingen euch diese gotteslästerlichen Albernheiten, Christus, da er nicht nur im Himmel und in sämtlichen Sternen, sondern auch in der Erde und in allem was auf ihr wächst festgenagelt, angekettet, eingewachsen ist, nicht mehr als euren Erlöser zu bezeichnen, sondern als einen, der von euch erlöst werden muss, indem ihr diese Pflanzen esst und nachher rülpst. Durch diese gottlosen Phantastereien selber verleitet, verleitet ihr nämlich eure Hörer, euch Speisen zu bringen, um so dem in ihnen gefesselten Christus mit euren Zähnen und Mägen zu Hilfe kommen zu können. Denn mit solchen Hilfsaktionen, verkündigt ihr, könne er herausgelöst und befreit werden. Wenigstens nicht der ganze Christus, aber immerhin Reste von ihm, zwar winzige und schmutzige, blieben aber, wie ihr behauptet, in den Exkrementen zurück, um immer und immer wieder, in verschiedenste Ausprägungen körperlicher Dinge verflochten und verwickelt, festgehalten zu werden, und, falls sie, solange der Kosmos besteht, nicht herausgelöst und gereinigt werden könnten, erst in jenem letzten Feuer, in dem auch der Kosmos selber verbrennen wird, herausgelöst und gereinigt zu werden. Aber selbst dann könne nicht der ganze Christus befreit werden, sondern die allerletzten noch zurückbleibenden Partikeln seiner guten und göttlichen Natur, die sosehr verschmutzt sind, dass sie auf keine Weise herausdestilliert werden können, würden dann dem Fluch anheim fallen, für alle Ewigkeit an den schrecklichen Klumpen der Finsternis gefesselt. Schau dir die Menschen an, die da Entrüstung heucheln über das Unrecht, das dem Sohn Gottes angetan werde, wenn gesagt wird, dass ein Stern seine Geburt angezeigt habe, als ob damit seine Geburt schicksalshaft von derStellung der Gestirne abhängig gemacht wäre, während sie selbst ihn so fest verkettet und verunreinigt sein lassen, – und zwar nicht nur in seiner Fesselung an die Sterne, sondern auch im Gefängnis sämtlicher irdischer Wesen, in den Säften sämtlicher Pflanzen, in der Fäulnis sämtlicher fleischlicher Körper, in der Vergänglichkeit sämtlicher Speisen –, dass er nur herausgelöst und gereinigt werden kann – und auch dann nur grossenteils, nie aber vollständig–, wenn er von Menschen, natürlich von den Auserwählten unter den Manichäern, etwa beim Lauch- oder Radieschen-Essen herausgerülpst wird.
Um zu uns zurückzukommen, wir überlassen keines einzigen Menschen Geburt dem Schicksalsspruch der Sterne, weil wir den freien Willensentscheid, nach dem einer entweder gut oder böse leben kann, wegen des gerechten Gerichts Gottes vor jeder Fessel der Unabänderlichkeit bewahren wollen: noch viel weniger glauben wir daran, dass die zeitliche Geburt desjenigen, welcher der ewige Schöpfer und Herr aller Dinge ist, unter dem Gesetz der Gestirne erfolgt ist. Jener Stern, den die Magier gesehen haben, war also für den dem Fleisch nach geborenen Christus nicht ein Herr, der Befehle erteilte, sondern ein Diener, der Zeugnis für ihn ablegte, er unterwarf ihn nicht mit seiner Herrschergewalt, sondern kündigte ihn an mit seiner Dienstbereitschaft. Ferner gehörte er nicht zu jenen Sternen, die seit Beginn der Schöpfung unter dem Gesetz des Schöpfers ihre ordentlichen Bahnen verfolgen, sondern es erschien für die neuartige Geburt einer Jungfrau ein neues Gestirn, welches die ihm gestellte Aufgabe auch für die Magier, die Christus suchten, erfüllte, indem es vor ihrem Angesicht einherging, bis es sie, ihnen vorausgehend, an jenen Ort geführt hatte, wo das neugeborene Wort Gottes sich befand. Und welcher Astrologe schliesslich hat je die Aussage „das Schicksal der Menschen ist bei der Geburt den Sternen unterworfen“ ernsthaft so erklärt, irgend ein Stern habe bei der Geburt eines Menschen seine ordentliche Bahn verlassen und sei zu dem, der geboren wurde, hingegangen? Sie glauben ja, dass das Los des Neugeborenen mit der Anordnung der Gestirne verknüpft sei, nicht aber, dass die Anordnung der Gestirne auf den Tag der Geburt hin sich verändern könne. Abschliessend kann man sagen: Wenn jener Stern einer von denen war, die am Himmel ihre Kreise ziehen, wie hätte er da bestimmen können, was der eben geborene Christus in der Zukunft tun wird, da er selber ja bei der Geburt Christi den Befehl erhielt, das was er gerade tat aufzugeben? Wenn aber, was glaubwürdiger ist, ein Stern aufging, der vorher nicht da war, um Christus zu zeigen, dann ist nicht Christus deswegen geboren, weil jener auftrat, sondern jener ist deswegen aufgetreten, weil Christus geboren wurde.
Daher würden wir, wenn wir uns entscheiden müssten, nicht sagen, dass der Stern für Christus, sondern dass Christus für den Stern schicksalbestimmend geworden ist. Denn Christus gab ja dem Stern, nicht der Stern Christus Anlass zur Geburt. Wenn es also fata, d.h. Schicksalsbestimmungen gibt, ein Wort, das sich von fari ableitet, was soviel wie „sagen“ bedeutet, lässt sich aus dem Faktum, dass Christus das Wort Gottes ist, in dem alles, bevor es existierte, gesagt war, erschliessen, dass nicht das Zusammenspiel der Gestirne schicksalsbestimmend für Christus ist, sondern dass Christus auch für die Gestirne schicksalsbestimmend ist, er der sogar seinen Leib, der unter dem Himmelszelt geschaffen wurde mit demselben freien Willensentscheid annahm, mit dem er auch den Himmel schuf, mit derselben Verfügungsgewalt ablegte und wiederaufnahm, mit der er auch den Gestirnen gebot.
