3.
Mich freilich schützte schon der Manichäische Glaube davor, von dieser Bibelstelle in die Enge getrieben zu werden; er hat mich nämlich von Anfang an davor bewahrt, jedem Satz, der als Aussage des Erlösers deklariert ist, unterschiedslos Glauben zu schenken, vielmehr zuerst zu prüfen, ob er wahr, ob er Ausdruck der gesunden Lehre, ob er nicht verdorben ist. Denn es gebe viel Unkraut, das ein gewisser Sämann, der in der Nacht herumgeht, unter fast alle Schriften gemischt hat, um den guten Samen zu verderben (cf. Mt. 13,25). Daher soll mich auch diese Aussage (Mt. 5,17; cf. C.Fel. 2,2) nicht erschrecken, obwohl sie die Aufschrift eines verehrungswürdigen Namens vor sich her trägt; denn es bleibt mir ja unbenommen, meiner Gewohnheit gemäss auch hier zuerst zu prüfen, ob sie vom Sämann stammt, der bei Tag und in guter Absicht sät, oder aber von jenem, der dies bei Nacht und in übelster Absicht tut. Du aber, der du blindlings alles glaubst, der du die Vernunft, jene Wohltat der Natur, aus dem Menschen verbannst, für den es schon Religionsfrevel ist, zwischen wahr und falsch zu unterscheiden, dem das Gute von seinem Gegenteil zu trennen nicht weniger Angst macht als die Gespenster den kleinen Kindern, was gedenkst du zu tun, wenn das Verhängnis es einmal will, dass du durch diese Schriftstelle in die Enge getrieben wirst, ich meine damit, wenn dich ein Jude, oder jemand anders, der diese Aussage (Mt. 5,17) kennt, zur Rede stellen wird, wie du es rechtfertigen könnest, die Gebote des Gesetzes und der Propheten dermassen zu missachten, wo doch Christus sagt, dass er nicht gekommen sei, sie aufzulösen, sondern sie zu vollenden (Mt. 5,17)? Dann wirst du dich entscheiden müssen, entweder dich jenem nichtigen Aberglauben zu unterwerfen, oder die fragliche Schriftstelle für unecht zu erklären, oder aber dich als Jünger Christi zu verleugnen.
