7.
Denn wie Mani dir die heillose Irrmeinung beibrachte, es stehe dir frei, jene Teile des Evangeliums, die deiner Häresie nicht im Weg stehen, als echt anzuerkennen, jene Teile dagegen, die ihr im Weg stehen zu verwerfen: so hat uns der Apostel das heilsame Wissen beigebracht, dass ein jeder, der uns etwas anderes verkündet als das, was wir empfangen haben, verflucht sei (cf. Gal. 1,8). Daher zählen die katholischen Christen auch euch zum Unkraut; denn der Herr legte ja dar, was Unkraut ist: nicht irgendwelche Fälschungen, die den echten Schriften beigemischt sind, wie du selber das interpretierst (492,4), sondern Menschen, die Söhne der Bosheit, d.h. Nachahmer der Falschheit des Teufels sind. Und sie glauben auch nicht blindlings alles (492,10); und glauben deshalb Mani und den andern Häretikern überhaupt nichts. Und sie verbannen auch nicht die Vernunft aus dem Menschen (492,11), zeigen dagegen, dass das, was ihr als Vernunft bezeichnet, nichts als Irrsinn ist. Und sie betrachten es nicht als frevelhaft, zwischen Wahr und Falsch zu unterscheiden (492,12); deshalb erkennen sie in eurer Sekte den Gipfel der Lüge, im katholischen Glauben dagegen den Gipfel der Wahrheit. Und es macht ihnen keine Angst, das Gute von seinem Gegensatz klar zu scheiden (492,12 f.), sie erkennen vielmehr, dass das Böse keine eigene Natur ist, da es sich ja gegen die Natur erhebt, dass also kein nebulöses Volk der Finsternis aus eigenem Ursprung gegen die göttliche Herrschaft entstanden ist und sich gegen sie erhoben hat, und dabei eurem Gott wahrhaft grösseren Schrecken eingejagt hat als die Gespenster den kleinen Kindern (492,13). Ihr erzählt ja, dass dieser sich ein Tuch vorgehalten habe, um nicht mitansehen zu müssen, wie seine eigenen Glieder beim Ansturm jenes Volkes gefangen genommen und massakriert wurden. Die Katholiken lassen sich also durch diese Schriftstelle (Mt. 5,17) niemals in die Enge treiben (492,14), wenn ihnen der Vorwurf gemacht werden sollte, dass sie die Gebote des Gesetzes und der Propheten nicht beachteten (492,15 ff.); denn sie besitzen ja dank der Gnade Christi die im Gesetz verlangte Liebe zu Gott (cf. Deut. 6,5) und zum Nächsten (cf. Lev. 19,18), an welchen zwei Geboten das ganze Gesetz samt den Propheten hängt (Mt. 22,40; cf. Mk. 12,31), und sie erkennen, dass in Christus und der Kirche all das in Erfüllung geht, was dort modellhaft prophezeit wurde, sei es durch bestimmte Vorkommnisse, sei es durch rituelle Handlungen, sei es durch die sprachliche Form (cf. 447,1; 426,22; 427,9). Weder unterwerfen wir uns also einem nichtigen Aberglauben, noch erklären wir jene Stelle des Evangeliums (Mt. 5,17) für gefälscht, noch verleugnen wir uns als Jünger Christi (cf. 492,18), weil dieser ja im Sinn jenes Wirklichwerdens der Prophetie, so wie ich das nun mehrfach im Rahmen meiner Kräfte dargelegt habe, gekommen ist, um eben dieses Gesetz und eben diese Propheten, an denen die katholische Autorität festhält, nicht aufzuheben, sondern zu vollenden.
