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C. Wenn ein Mensch nicht ohne Sünde sein kann, warum schreibt denn der Apostel Judas: „Dem aber, welcher mächtig ist, euch ohne Sünde zu bewahren und euch unbefleckt zu stellen vor das Angesicht seiner Herrlichkeit“?1 Aus diesem Zeugnis folgt doch, daß der Mensch sünd- und fleckenlos sein kann.
A. Du verstehst gar nicht, was du vorbringst. Denn der Mensch kann nicht ohne Sünde sein in dem Sinne, in welchem deine These es auffaßt. Aber es kann Gott, wenn er will, den Menschen ohne Sünde erhalten und kraft seiner Barmherzigkeit makellos bewahren. Auch ich sage, daß bei Gott alles möglich ist. Dem Menschen jedoch ist nicht alles möglich, was er will, besonders dann nicht, wenn es sich darum handelt, eine Eigenschaft zu besitzen, welche nach der Schrift keinem Geschöpf zukommt.
S. 376 C. Ich behaupte nicht, daß ein Mensch ohne Sünde sei, eine Auffassung, die du vielleicht meinen Worten gibst, sondern nur, daß er es sein könne, wenn er wolle. Es besteht ein Unterschied zwischen Sein und Können. Das Sein fordert Beispiele, das Können zeigt, daß eine Vorschrift zu recht besteht.
A. Du machst Possen. Denke doch an das Sprichwort: „Rühre das Geschehene nicht wieder auf!“ Du freilich wälzest dich im gleichen Schmutze, oder besser gesagt, du wäschst einen Ziegelstein. Auf deinen Einwand habe ich nur eine Antwort, die übrigens jedem klar ist. Du willst mit aller Gewalt für eine Sache eintreten, die nicht ist, nicht war und vielleicht auch nie sein wird. Die Torheit deiner zusammenhanglosen Beweisführung, wenn ich das Wort gebrauchen soll, will ich aufdecken. Du sagst nämlich, es könne etwas sein, was doch nicht sein kann. Deine Aufstellung, der Mensch könne, wofern er wolle, ohne Sünde sein, ist entweder wahr oder falsch. Ist sie wahr, so führe ein Beispiel an! Ist sie aber falsch, dann kann das, was falsch ist, auch niemals geschehen. Dieser Punkt möge als abgetan nicht mehr berührt werden. In euren Archiven2 möge er ein stilles Dasein fristen, aber angesichts der Öffentlichkeit möge er sich nicht mehr hervorwagen.
