5.
C. Wie bei den übrigen Geschöpfen der Zustand, in dem sie erschaffen worden sind, gewahrt bleibt, so ist auch unserem Willen, nachdem ihm einmal die Möglichkeit, sich frei zu entscheiden, verliehen worden ist, alles überlassen worden.
A. Dann darf ich also, wie bereits ausgesprochen, im Einzelfalle Gott nicht um seine Hilfe bitten, weil die Sache ein für allemal meiner Entscheidung anheimgestellt ist?
C. Wenn Gott bei allen Dingen mitwirkt, dann ist das, was ich tue, nicht mein Werk, sondern das Werk dessen, der mir hilft, oder besser gesagt, der in mir mitarbeitet, zumal wenn ich ohne ihn nichts auszuführen vermag.
A. Aber ich bitte dich, hast du nicht gelesen: „Nicht am Wollen oder Laufen des Menschen liegt es, sondern an Gottes Erbarmen“1. Hieraus ersehen wir, daß es an uns ist zu wollen und zu laufen2. Wenn aber unser Wille und unser Lauf zum Ziele führt, dann liegt es an der Barmherzigkeit Gottes, und zwar wird bei unserem Willensentschluß und beim Laufe einerseits die freie Entscheidung gewahrt, andererseits aber wird bei der Ausführung des Willensentschlusses und des Laufes alles der göttlichen Wirksamkeit überlassen. S. 345 Nun muß ich noch die Schriftzeugnisse anführen, aus denen hervorgeht, wie die Heiligen auch im einzelnen Falle Gottes Hilfe erflehten und bei jeder einzelnen Verrichtung wünschten, Gottes Beistand und Schutz zu genießen. Lies das ganze Buch der Psalmen, alle die Aussprüche der Heiligen, und du wirst finden, daß sie nichts anderes sind als ein Gebet zu Gott um Hilfe bei allen Verrichtungen! Hieraus folgt ganz klar, daß du entweder die Gnade Gottes leugnest, weil du sie im Einzelfalle ausschaltest, oder daß du, wenn du sie im Einzelfalle zugibst, wogegen du dich offenbar sträubst, übergehst zu meiner Meinung, die dahin geht, auf der einen Seite an der Wahlfreiheit des Menschen festzuhalten, auf der anderen Seite die göttliche Hilfe für den einzelnen Fall nicht zu leugnen.
