6.
Meine Darlegungen haben nicht den Zweck, das Land der Juden verächtlich zu machen, wie mir ein verleumderischer Häretiker fälschlich vorwerfen könnte. Auch will ich nicht die geschichtliche Wahrheit zerstören, welche die Grundlage des geistigen Verständnisses S. b343 ist. Aber ich möchte den jüdischen Hochmut brechen, welcher die Enge der Synagoge der Weite der Kirche vorzieht. Wenn nämlich die Juden dem tötenden Buchstaben allein folgen wollen und nicht dem lebenspendenden Geiste, 1 dann mögen sie einmal zeigen, inwiefern das Land der Verheißung von Milch und Honig fließt. 2 Wenn sie aber glauben, daß es sich bei diesem Ausdruck nur um ein Bild zur Bezeichnung des Überflusses an allen Dingen handelt, dann mögen sie auch uns gestatten, das Land, in dem man Gott verherrlicht, das Land der Lebenden über das Land der Dornen zu stellen. 3 Wir folgen damit nur dem Herrn, der zu Moses über die Verwerfung Israels und die Aufnahme der Heiden sagt: „Laß mich! Ich will dieses Volk vernichten und dich über ein gewaltiges Volk setzen.“ 4 Zu seinem Sohne aber sagt er: „Fordere von mir, und ich werde Dir Dein Erbteil aushändigen, zum Besitze will ich Dir geben die Grenzen der Erde.“ 5 Aber noch deutlicher sind die Worte des Propheten Isaias: „Es ist ein Geringes, daß Du mein Knecht bist, um die Stämme Jakobs wieder aufzurichten und die Hefe, d.h. den übriggebliebenen Rest Israels zu versammeln. Ich habe Dich zum Lichte gemacht für alle Völker, damit Du seist der Heiland der Welt.“ 6 Hieraus ergibt sich einwandfrei, daß die Geschichte dieses Volkes nur Schatten und Vorbild war, daß sie geschrieben ist für uns, die wir am Ende der Zeiten leben. 7
