1.
Hieronymus an den hochgeschätzten und geliebten Vater und Bischof Theophilus
Wenn ich Deiner Heiligkeit später als geplant das ins Lateinische übertragene Buch zurücksende, so waren daran Hindernisse aller Art schuld: der plötzliche Vorstoß isaurischer Banden, 1 die Verwüstung Galiläas und Phöniziens sowie die Angst, welche Palästina und vor allem die Stadt Jerusalem ergriff. Da galt es, Mauern aufzubauen, nicht Bücher zu schreiben. Ein weiteres taten der rauhe Winter und eine Hungersnot, die vor allem mir zu schaffen machte, dem die Sorge für viele Brüder obliegt. Unter solchen Schwierigkeiten wuchs in fruchtbarer, der Nacht abgerungener Arbeit 2 die Übersetzung allmählich heran. Sie war bereits auf einzelne Blätter niedergeschrieben und in den Tagen der heiligen Fastenzeit in Reinschrift gebracht worden, so daß ich nur noch zu vergleichen brauchte. Da überfiel mich eine überaus schwere Krankheit, die mich an den Rand des Grabes brachte, vor dem ich nur durch Gottes Barmherzigkeit und Dein Gebet bewahrt blieb, S. b401 vielleicht nur, um Deinem Auftrag nachkommen zu können. Wenn ich auch das gewandt geschriebene Buch, das mit Blumen aus der Hl. Schrift durchwirkt ist, mit der gleichen Liebe, mit der Du es geschrieben hast, übersetzen wollte, so dürften doch der sieche Körper und die gedrückte Stimmung die Schärfe des Geistes ungünstig beeinflußt und die sonst so leicht dahingleitenden Worte in ihrem Flusse gehemmt haben.
