Einleitung
Theophilus von Alexandrien hatte Hieronymus um Übersetzung einer von ihm verfaßten Schrift gebeten, die sich infolge widriger Umstände sehr verzögerte. Aus unserem Brief, dem Begleitschreiben zur Übersetzung, erfahren wir über den Inhalt nur, daß die heiligen Gewänder und Gefäße wegen ihrer engen Beziehung zum Leibe und Blute des Herrn in Ehren zu halten seien. In einigen verbindlichen Schlußworten gibt der Übersetzer der Befürchtung Ausdruck, der gestellten Aufgabe nicht voll gerecht geworden zu sein, und bittet um milde Beurteilung.
Gehört dieses Schreiben noch zum Zyklus der bisher behandelten Briefe an Theophilus? Vallarsi läßt S. b399 unserer Epistel ein kurzes Fragment eines Briefes des Theophilus an Hieronymus vorangehen. Damit will er andeuten, daß ep. 114 die Antwort auf ep. 113 und ep. 113 somit das Begleitschreiben zum Original der gewünschten Übertragung ist. Dann wäre auch der Zusammenhang mit dem vorangehenden Briefwechsel der beiden Gelehrten gegeben. Denn das Fragment des Theophilusbriefes ergeht sich in ungewöhnlich scharfen Vorwürfen gegen Johannes Chrysostomus, weil er die flüchtigen Origenisten aufgenommen und zum Teil zu Priestern geweiht hat. Die von Hieronymus übersetzte Schrift müßte dann wohl die von Facundus erwähnte Schmähschrift gegen Johannes sein, 1 eine Vermutung, für welche Grützmacher und vor allem Pronberger mit Nachdruck eintreten. 2 Cavallera läßt die Sache in der Schwebe und rechnet auch mit einem weiteren Osterfestbrief. 3 Bardenhewer denkt nur an einen solchen, allerdings ohne weitere Beweisführung. 4 Für seine Auffassung spricht, daß sich aus den Briefen 113 und 114 keine Zusammenhänge konstruieren lassen. Der letztgenannte Brief spielt mit keinem Worte auf den Patriarchen von Konstantinopel an. Es wäre sicherlich merkwürdig, wenn der Begleitbrief des Hieronymus aus dem Inhalt nur einige liturgische Bemerkungen herausheben würde, falls sich der ganze Brief mit Johannes beschäftigt hätte. Immerhin wäre denkbar, daß sich Hieronymus im Kampfe gegen Johannes nicht zu sehr exponieren und als bloßer Übersetzer mehr im Hintergrund bleiben wollte. Dazu würde die Bemerkung gegen Schluß des Briefes passen, daß er die Übersetzung nicht von sich aus, sondern auf ausdrücklichen Wunsch des Theophilus vorgenommen habe. Der Hinweis auf die während der Fastenzeit bereits vollendete Reinschrift allerdings spricht wieder zugunsten eines Osterschreibens.
S. b400 Es bleibt freilich noch die Möglichkeit, daß sich die Abrechnung mit Konstantinopel im Rahmen eines Osterfestbriefes vollzog, der sich nur so nebenher mit Johannes befaßte. Da nach dem Berichte des Facundus Johannes als gottloser Priester hingestellt wird, der gottesräuberische Opfer darbringe, ließen sich auch die Darlegungen über die mit Ehrfurcht zu behandelnden heiligen Gefäße und Gewänder zwanglos einfügen.
Die im vorliegenden Briefe angedeuteten Katastrophen fallen in die Jahre 405 oder 406, so daß dessen Abfassung in eines dieser beiden Jahre zu verlegen ist.
