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Daß Gott mehr gibt, als wir von ihm erbitten, daß er des öfteren schenkt, was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, keines Menschen Herz erfahren hat, 1 war mir bereits aus den heiligen und geheimnisvollen S. 4 Schriften bekannt. Nun aber, mein lieber Rufinus, habe ich es an mir selbst erlebt. Ich hielt es nämlich schon für einen reichlich kühnen Wunsch, durch den brieflichen Wechselverkehr uns gegenseitig ein Zusammensein vorzutäuschen, und nun höre ich, daß Du in Ägyptens Einöden vordringst, die Klöster der Mönche besuchst und Deinen Rundgang machst bei den himmlischen Gemeinschaften auf Erden. O wenn mir doch der Herr Jesus Christus einen plötzlichen Ortswechsel ermöglichen möchte, wie wir ihn in den Berichten von Philippus und dem Eunuchen 2, von Habakuk und Daniel lesen. 3 Wie wollte ich mich an Deinen Hals werfen und Dich aufs innigste umarmen! Wie wollte ich den Mund, der einst mit mir irrte, aber auch mit mir zur Weisheit kam, mit den zärtlichsten Küssen bedecken! Doch weil ich ein solches Wunder nicht verdiene und häufige Krankheiten meinen erbärmlichen Leib, der krank ist, auch wenn er gesund ist, zermürbt haben, schicke ich diesen Brief, damit er an meiner Stelle mit Dir zusammentreffe und Dich mit den Banden der Liebe gefesselt zu mir geleite.
