Siebenter Artikel. Von ungerecht erworbenem Gute soll man nicht Almosen geben.
a) Dem widerspricht: I. Luk. 16., wo es heißt: „Macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon.“ II. Vom Lohne für unkeusche Sünden kann man Almosen geben. Solcher Lohn ist aber unerlaubt und eine Schande. Deshalb darf von demselben kein Opfer Gott dargebracht werden, nach Deut. 23.: „Im Hause deines Gottes wirst du nicht darbringen den Lohn für unkeusche Sünden.“ Derselbe Fall besteht beim Würfelspiel; denn „dergleichen wird von Freunden gewonnen, denen man vielmehr geben sollte.“ (4 Ethic. 1.) Ebenso verhält es sich mit der Simonie, kraft deren jemand den heiligen Geist schmäht. Von dem Allem kann man aber Almosen geben. III. Größere Übel sind mehr zu vermeiden wie geringe. Fremdes Gut behalten aber ist ein minderes Übel wie einen Menschen töten; was jener thut, der „einen am Hunger Sterbenden nicht speist,“ nach Ambrosius (l. c.). Also kann jemand in gewissen Fällen vom ungerecht Erworbenen Almosen geben. Auf der anderen Seite sagt Augustin (de verb. Dom. serm. 35.): „Von dem, was aus gerechtem Gewinne stammt, machet Almosen. Denn Christum, unseren Herrn, werdet ihr nicht bestechen; Er wird nicht auf euch hören und zugleich auf die armen, denen ihr das Ihrige genommen habt … Macht keine Almosen von Wucherzinsen; zu Gläubigen spreche ich, denen wir den Leib Christi reichen.“
b) Ich antworte, es sei etwas unerlaubterweise erworben, 1. insoweit es demjenigen gehört, von dem man es erworben hat; und das kann nicht behalten jener, der es erworben, wie z. B. es beim Diebstahl, Raub, Wucher der Fall ist; dies muß der Mensch zurückerstatten und darf kein Almosen davon geben; — 2. insoweit jener, der es erworben, es nicht behalten darf; und doch wird es dem nicht geschuldet, von dem man es erworben, weil er gegen die Gerechtigkeit es gegeben und der andere es gegen die Gerechtigkeit in Besitz genommen hat; wie bei der Simonie, dem Kaufe geistiger Pfründen; da darf man nichts zurückerstatten, sondern muß Almosen zur Sühne geben; — 3. insoweit wohl das Erworbene rechtmäßig erworben, aber die That oder der Titel des Erwerbs keine erlaubte ist, wie bei der Bezahlung für unkeusche Sünden; da dies also dem Besitzer gehört, so kann er davon Almosen geben.
c) I. Augustinus schreibt diesbezüglich (l. c.): „Dies verstehen manche falsch; sie rauben ungerechtes Gut und geben dann davon Almosen. Damit meinen sie dem Gebote des Herrn genügt zu haben. Das ist eine durchaus falsche Auffassung.“ „Ungerechter Mammon“ wird „der Reichtum genannt, wenn man darauf sein ganzes Vertrauen setzt.“ (Aug. 2. de Qu. evangelicis 34.) Oder es wird nach Ambrosius (zu Luk. 16.) als „Reichtum der Ungerechtigkeit“ bezeichnet „der Reichtum überhaupt, weil er uns mit mannigfachen Lockungen zur Ungerechtigkeit versucht;“ oder „weil die Vorgänger, denen jemand im Besitze des Reichtums nachfolgt, ihn ungerecht erworben, ohne daß die späteren Erben dies wüßten,“ wie Basilius sagt l. c., Art. 5. Oder auch wird aller Reichtum ungerecht d. h. ungleich genannt, weil er nicht gleichmäßig verteilt ist, da der eine Mangel, der andere Überfluß hat. II. Almosen können vom Erwerbe öffentlicher Frauenzimmer gegeben werden. Aber es darf davon nicht am Altare etwas geopfert werden wegen der Ehrfurcht vor dem Heiligen oder wegen des Ärgernisses. Auch das durch Simonie Erworbene kann zu Almosen verwandt werden, denn es ist nicht geschuldet dem, der Geld gegeben hat; vielmehr verdient er, es zu verlieren. Mit Rücksicht auf das Glücksspiel aber ist zuvörderst ein Gewinn unerlaubt nach göttlichem Rechte, wenn Minderjährige oder ihres Verstandes nicht Mächtige oder in ähnlicher Lage Befindliche zu solchem Spiele verführt werden und verlieren; oder wenn jemand durch Betrug gewinnt. In diesem Falle muß das Geld zurückerstattet und darf davon kein Almosen gegeben werden. Zudem ist noch des weiteren ein Gewinn unerlaubt, wenn das entsprechende Spiel durch das positive bürgerliche Recht verboten ist und somit auch der Gewinn selber. Natürlich ist in diesem Falle das bürgerliche Recht nur für jene verpflichtend, die dem betreffenden Gemeinwesen angehören; und auch so nur dann, wenn ein solches Gesetz nicht durch die gegenteilige Gewohnheit außer Geltung gekommen ist. Die aber derartigen Gesetzen unterworfen sind, müssen den Gewinn zurückgeben, wenn nicht die gegenteilige Gewohnheit in Übung ist und wenn nicht jemand gewonnen hat von dem, der ihn zum Spielen verführte. Im letzteren Falle verdient der Verführer nicht, etwas zurückzuerhalten; und kann der, welcher gewonnen, erlaubtermaßen nicht den Gewinn behalten, solange solches positive Recht dauert. Es muß da das Geld zu Almosen verwendet werden. III. Im Falle des äußersten Notstandes ist Alles Gemeineigentum. In solchem Falle kann der von äußerster Not betroffene fremdes Gut zur Erhaltung seines Lebens gebrauchen, wenn er niemanden findet, der ihm das Nötige geben will. Und aus demselben Grunde kann man von fremdem Gute nehmen und daraus Almosen geben; freilich soll, wenn dies ohne Gefahr geschehen kann, zuvor die Erlaubnis des Herrn eingeholt werden.
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