Siebenter Artikel. Das Wahrsagen, welchem sich an gewisse äußere Zeichen, an die Beobachtung des Vogelfluges und dergleichen knüpft, ist unerlaubt.
a) Es scheint dies erlaubt zu sein. Denn: I. Nach Gen. 44. pflegte Joseph wahrzusagen in einem Becher und war „niemand in Ägypten ihm gleich in dieser Art Wahrsagen.“ Josef aber war ein heiliger Mann. II. Die Vögel kennen von Natur manches Zukünftige, nach Jerem. 8.: „Die Schwalbe, der Storch etc. kennen die Zeit ihrer Ankunft.“ Solche natürliche Kenntnis aber ist unfehlbar. Also kann man sich deren bedienen um zukünftige Begebnisse vorherzusagen; und das nennt man „Wahrsagen am Vögelfluge u. dgl.“ III. Gedeon ist ein Heiliger nach Hebr. 11. Nach Richt. 7. aber hat er sich eines Omens bedient, nämlich des Berichtes und der Erklärung über einen Traum, um die Schlacht zu beginnen; ebenso verhält es sich mit Elieser, dem Knechte Abrahams, nach Gen. 24, Auf der anderen Seite heißt es Deut. 18.: „In deiner Mitte soll sich nicht finden, welcher den Vögelflug und dergleichen äußere Zeichen beobachtet.“
b) Ich antworte, das Schreien der Vögel, ihre Bewegung etc. seien offenbar keine Ursache zukünftiger Begebnisse. Aus solchen Dingen kann also nicht wie aus Ursachen das Zukünftige vorhergewußt werden. Nur also insoweit diese äußeren Zeichen oder Wirkungen sind von Ursachen, welche zugleich verursachen oder vorhererkennen die zukünftigen Begebnisse, kann aus ihnen etwas Zukünftiges erkannt werden. Nun ist die Ursache für die Thätigkeiten der Tiere ein gewisser innerer Antrieb, wonach sie ihre Bewegung einrichten; denn sie sind nicht Herr ihrer Thätigkeit. Dieser innere Antrieb oder Instinkt kann aber aus zwei Ursachen hervorgehen: 1. Aus einer körperlichen Ursache. Denn da die Tiere nur eine sinnbegabte Seele haben, deren Vermögen insgesamt Thätigkeiten körperlicher Organe sind, so unterliegt ihre Seele der Verfassung der sie beeinflussenden Körper und an erster Stelle der Himmelskörper. Und deshalb können manche ihrer Thätigkeiten Zeichen des Zukünftigen sein, insoweit sie beeinflußt werden vom Lichte der Himmelskörper oder von der sie umgebenden Luft, von wo manche zukünftige Begebnisse stammen. Darin ist jedoch zweierlei zu bemerken: 1. daß man derartige Thätigkeiten nicht auf etwas Weiteres anwende, wie auf das Vorhererkennen solcher zukünftigen Dinge, welche durch die Bewegungen der Himmelskörper verursacht werden können; — 2. daß sie nicht auf Weiteres ausgedehnt werden als auf das, was irgendwie auf diese Tiere Bezug haben kann; denn diese erlangen kraft des Einflusses der Himmelskörper eine gewisse natürliche Kenntnis und einen natürlichen Instinkt mit Bezug auf das, was zu ihrem Leben notwendig ist, wie mit Bezug auf die Veränderungen, welche der Regen, die Winde und dergleichen verursachen. 2. Von einer geistigen Ursache wird der innere Antrieb oder der Instinkt verursacht; — entweder nämlich von Gott, wie bei der Taube, die auf Christum niederschwebte; beim Raben, der den Elias speiste; beim Ungeheuer, das den Jonas verschlang; — oder von den Dämonen, die solcher Thätigkeiten von Tieren sich bedienen, um die Menschen in eitle Meinungen zu verwickeln. Alles Derartige also verhält sich in dieser Weise. Eine Ausnahme bilden nur die omina. Denn menschliche Worte, die als solche Anzeichen oder omina genommen werden, unterliegen nicht dem Einflusse der Himmelskörper; sie werden jedoch gelenkt gemäß der göttlichen Vorsehung und gemäß der Thätigkeit der Dämonen. Alles solche Wahrsagen also ist unerlaubt und abergläubisch, wenn es den Bereich der betreffenden natürlichen Ursachen ausgedehnt oder der Ordnung der göttlichen Vorsehung entzogen wird. c. I. Nach Augustin sagte Joseph dies, es gebe keinen ihm gleichen Augur in Ägypten, im Scherze; nämlich sich beziehend auf die Meinung des Volkes über ihn; — und im selben Sinne sprach auch sein Verwalter. II. Dies betrifft die natürliche Kenntnis der Vögel mit Rücksicht auf was zu ihrem Lebensbestande gehört; und aus solchen natürlichen Dingen das Wetter u. dgl. vorauszusagen, ist erlaubt. III. Gedeon nahm den gehörten Bericht für ein gutes „Omen“, das von der göttlichen Vorsehung komme und ihn unterrichten solle. Ähnlich verfuhr Elieser.
